Möchte man die Bedeutung eines Begriffs in der Bibel finden, so ist es entsprechend der konkordanten Methode sinnvoll, alle Vorkommen zu analysieren und zu sehen, welche Bedeutung an allen oder wenigstens den meisten Stellen passt. Dies wird hier mit der Elberflelder-Übersetzung getan, um die Bedeutung des Begriffs „tohu wa bohu“ in 1. Mose 1,2 zu finden:
1.Mose 1,2 Und die Erde war tohu (lebensfeindlich, wüst) und bohu (geistig leer, d.h. ohne Lebewesen), und Finsternis war über der Urflut, und der Geist Gottes brütete über der Fläche der Wasser.
5.Mose 32,10 Gott fand Jakob (also das Volk Israel) in der Wüste und in der Öde (tohu), im Geheul der Wildnis. Er umgab ihn, gab acht auf ihn, er behütete ihn wie seinen Augapfel. Wie der Adler sein Nest aufstört, über seinen Jungen schwebt, seine Flügel ausbreitet, sie aufnimmt, sie trägt auf seinen Schwingen, so leitete ihn der HERR …
1.Samuel 12,21 (2x) Und weicht nicht ab und folgt nicht den nichtigen (tohu) (Götzen) nach, die nichts nützen und nicht erretten können, weil sie nichtig (tohu) sind!
Hiob 6,18 Zur Zeit, wenn sie (die trügerischen Bäche) wasserarm werden, versiegen sie … Es werden Karawanen abgelenkt von ihrem Weg, ziehen hinauf in die Öde (tohu: Leere) und kommen um.
Hiob 12,24 Den Häuptern des Volkes im Land nimmt er den Mut, und in wegloser Einöde (tohu) lässt er sie umherirren.
Hiob 26,7 Gott spannt den Norden aus über der Leere (tohu), hängt die Erde auf über dem Nichts.
Psalm 107,40 Und sie wurden wenig und beugten sich unter der Last von Unglück und Jammer. Er schüttete Verachtung auf Edle, er ließ sie umherirren in wegloser Einöde (tohu).
Jesaja 24,10 Darum hat der Fluch die Erde verzehrt, und es büßen, die auf ihr wohnen. Darum sind die Bewohner der Erde dahin geschwunden, und wenig Menschen bleiben übrig. … Zertrümmert ist die öde (tohu) Stadt, verschlossen jedes Haus, so dass niemand hineinkommt.
Jesaja 29,21 Und ausgerottet werden alle, die auf Unheil bedacht sind, die den Menschen in einer Rechtssache schuldig sprechen und dem Schlingen legen, der im Tor über Recht und Unrecht entscheidet, und mit nichtigen (tohu) (Beweisgründen) den Gerechten aus seinem Recht verdrängen.
Jesaja 34,11 Denn einen Tag der Rache hat der HERR, ein Jahr der Vergeltungen für die Rechtssache Zions. Und Edoms Bäche verwandeln sich in Pech und sein Boden in Schwefel; und sein Land wird zu brennendem Pech. Tag und Nacht erlischt es nicht, ewig steigt sein Rauch empor. Von Generation zu Generation liegt es in Trümmern, für immer und ewig zieht niemand hindurch. … Und er spannt darüber die Messschnur der Öde (tohu) und das Senkblei der Leere (bohu: geistigen Leere, keine Lebewesen mehr)… und alle seine Obersten nehmen ein Ende.
Jesaja 40,17 Alle Nationen sind wie nichts vor ihm und gelten ihm als nichtig und leer (tohu).
Jesaja 40,23 Gott ist es, der da thront über dem Kreis der Erde, dass ihre Bewohner wie Heuschrecken erscheinen …, der die Fürsten dem Nichts anheim gibt, die Richter der Erde der Nichtigkeit (tohu) gleichmacht.
Jesaja 41,29 Und ich sehe hin, doch da ist niemand, und unter diesen da ist kein Ratgeber, dass ich sie fragen könnte und sie mir Antwort geben. Siehe, sie alle sind Betrug. Nichtigkeit sind ihre Machwerke, Wind und Leere (tohu) ihre gegossenen Bilder.
Jesaja 44,9 Die Bildner von Götterbildern sind allesamt nichtig (tohu), und ihre Lieblinge nützen nichts.
Jesaja 45,18f Ihr werdet nicht zu Schanden und nicht zunichte werden in alle Ewigkeiten. Denn so spricht der HERR, der die Himmel geschaffen hat – er ist Gott, der die Erde gebildet und sie gemacht hat – er hat sie gegründet, nicht als eine Öde (tohu) hat er sie geschaffen, sondern zum Bewohnen hat er sie gebildet. Ich sprach zu den Nachkommen Jakobs nicht: Sucht mich vergeblich (in tohu: geistlicher Leere). Ich bin der HERR, der Gerechtigkeit redet, Wahrheit verkündet.
Jesaja 49,4 Ich aber sagte: Umsonst habe ich mich abgemüht, vergeblich und für nichts (tohu) meine Kraft verbraucht. Doch mein Recht ist bei dem HERRN und mein Lohn bei meinem Gott.
Jesaja 59,4 Niemand lädt vor in Gerechtigkeit, und niemand tritt vor Gericht in Wahrhaftigkeit. (Sondern bei euch gilt dies:) Auf Leeres (tohu: geistlich Leeres) vertrauen, Gehaltloses reden, mit Mühsal schwanger gehen, Unrecht zeugen.
Jeremia 4,23 Denn mein Volk ist närrisch, mich kennen sie nicht. Törichte Kinder sind sie und unverständig. Weise sind sie, Böses zu tun; aber Gutes zu tun verstehen sie nicht. Ich schaue die Erde, und siehe, sie ist tohu wa bohu, (materiell und geistig leer, d.h. ohne Lebewesen, wie nachfolgend beschrieben) – und zum Himmel, und sein Licht ist nicht da. Ich schaue die Berge, und siehe, sie beben; und alle Hügel schwanken. Ich schaue, und siehe, kein Mensch ist da; und alle Vögel des Himmels sind entflohen. … Öde soll das ganze Land werden; doch will ich nicht ein Ende mit ihm machen. Darum wird die Erde trauern, und der Himmel oben schwarz werden.
Siehe auch: Vorkommen und Definition im Nachschlagewerk „Blue Letter Bible“ (engl.) von „tohu (Strong’s H8414)“ und „bohu (Strong’s H922)“.
Ergebnis
- Tohu wurde zwar fallweise mit Leere, Nichtigkeit, wüst, öde übersetzt, aber mit der gemeinsamen Bedeutung Leere bzw. lebensfeindliche Umgebung.
- Diese Bedeutung wird bildlich auch im geistlichen Sinn verwendet, um insbesondere die Unkenntnis des einen Gottes auszudrücken. Menschen, die Gott nicht kennen, leben in geistlicher Leere und Verwirrung, in einem Zustand des tohu. Auffallend oft ist auch symbolisch von physisch Lebensbedrohendem die Rede, wie lebensfeindlicher Wüste, Verirrungen in der Wildnis und Ausweglosigkeit.
- bohu kommt in der Bibel nur dreimal und dann nur in der Kombination mit tohu vor, d.h. die Bedeutung von bohu kann nicht eigenständig aus der Bibel selbst ermittelt werden, sondern nur als Steigerung von tohu gesehen werden , im Sinn einer geistigen Leere (d.h. es sind nicht einmal Lebewesen da, die Gott erkennen könnten).
- Die Übersetzung mit (materiellem) „Chaos“, Ver“wüst“ung oder „Zerstörung“ für tohu, wie von einigen Übersetzern insbesondere für 1. Mose 1,2 vorgeschlagen (teilweise um die Vorstellung einer Vorschöpfung mit anschließendem Gericht zu begründen), ist diskordant.
- 1. Mose 1,2 spricht also mit dem Begriff „tohu wa bohu“ nicht nur von einer physischen Leere und schon gar nicht dem Ergebnis einer materiellen Zerstörung, sondern davon, dass die Erde noch ungeformt (wüst), also lebensfeindlich war und daher auch noch kein Lebewesen existierten konnte, das Gott kannte. „Tohu wa bohu“ ist also die Beschreibung eines Zustands, in dem Gott noch kein Gegenüber hatte. Diesen Zustand zu ändern, hat sich Gott aber zum Ziel gesetzt, indem er die Erde mit Menschen bevölkerte (Beendigung geistiger Leere, bohu) und sie so führen wird, dass sie auch geistlich nicht mehr leer sein werden (Jes. 45,18), sondern alles („ta panta“) mit Gottes Geist gefüllt sein wird (Kol. 1,20). 1. Mose 1,2 schildert also den wenig überraschenden Ausgangszustand der doppelten Leere, bevor Elohim die Schöpfung mit der Schaffung einer Leben ermöglichenden Umgebung für Pflanzen, Tiere und Menschen fortsetzte. Es wird also betont, dass zu Anfang Gott nichts in niemandem war (tohu wa bohu) und am Ende alles in allen sein wird (1. Kor. 15,28). Somit ist Anfang und Ziel des gesamten Wirken Gottes zusammengefasst. Sollte das nicht auch für uns ein Grund zu jubeln sein, wie es schon die Söhne Gottes taten (Hiob 38,7)?