Das griechische Wort aion Auszug aus „Theologsiches Begriffslexikon zum Neuen Testament, Studienausgabe Band 2, Theologischer Verlag R. Brockhaus Wuppertal, 1977, Seite 1457 ff. |
aion bedeutet Äon, Lebenszeit, Weltzeit, lange Zeit, Ewigkeit
Das griech. Wort aion unterscheidet sich von seinen indogerm. Parallelen (lat. aevum, deutsch ewig) dadurch, dass es nicht so sehr von einer abstrakten Zeitdauer, sondern von einer gelebten Zeit her gedacht ist…
Dass aion in der LXX (= Septuaginta, das ist die älteste griech. Übersetzung des AT, die im 3. Jh. v. Chr. auf der Insel Pharos 72 Schriftgelehrte herstellten, Anm. des Webmasters) in über 450 Belegen, davon über 100 in den Psalmen, zum Äquivalent für das hebr. olam=Dauer, Ewigkeit, wurde, liegt an der Ausgangsbedeutung Lebenszeit.
In allen Fällen ist ein auf das ganze Leben ausgedehntes, aber auch auf dieses beschränktes Geschehen gemeint, auch dann, wenn es sich um Verheißung lebenslanges Königtums (1. Sam 13,13), um Vertrauen des Volkes zu Mose, solange er lebt (Ex. 19,9), oder um lebenslängliches Vasallenverhältnis (1. Sam 27,12) handelt. Ganz selbstverständlich hört all dies mit dem Tode dessen auf, von dem es gesagt wird.
Das gilt natürlich auch dann, wenn solche Aussagen nicht von einem Einzelmenschen, sondern von Generationen (Ex 40,15; 32,13 u.a.) oder dem ganzen Volk gemacht werden (Jos 4,7; Ri 2,1). Mit dem Untergang dieser Größen ist auch die hier gemeinte Zeit beendet…
An dieser Stelle ergibt sich die einfachste der denkbaren Erklärungsmöglichkeiten für die sog. Ewigkeitsformeln: „Gelobt sei Jahwe, der Gott Israels, von Ewigkeit zu Ewigkeit“ (1Chr 16,36 u.a.). Israel wird zu stetigem Dank und Lob aufgerufen; die Dauer des Lobes ist also gebunden an die Dauer des Volkes in seinen Generationen. Und tatsächlich stehen in V.15 auch „ewig“ und „auf tausend Geschlechter“ im Parallelismus. So erhält die Formel „von Ewigkeit zu Ewigkeit “ ihren wahren Sinn zurück, da es auch in ihr nicht um eine abstrakt und unendlich gedachte Ewigkeit an sich, sondern um das lebendig lobende Gegenüber zu Gott geht. Zeigt doch 1Sam 2,30 mmit 3,13f. deutlich genug, das Gottes ewige Zusagen nie eine abstrakte Unwandelbarkeit, sondern eine gegenseitige Zugehörigkeit mit dem Menschen zum Inhalt haben: Solange sie intakt ist, ist sie ewig, sie kann nicht zerbrechen.
Auch die großen Verheißungen, die für ewig gesetzt sind, sind nicht einfach zeitlos und unverrückbar gültig, sondern bleiben an den lebendigen Bezug zum lebendigen Gott gebunden (1.Kö 9: Ewigkeit des Tempels an Gottes lebendige Anwesenheit gebunden; 2.Sam 7: die Ewigkeit des Königtums).
Im NT findet sich das Substantiv aion in folgenden Bedeutungen:
a) lange Zeit, Zeitdauer
b) Weltzeit, Weltdauer (z.B. Mt 13,39; 28,20) Auch die Weltgeschichte, Ablauf des Weltgeschehens, auch im Plural als Reihe aufeinandervfolgender Äonen (Hebr 9,26; 1Kor 10,11 u.a.).
Zuweilen liegt die Bedeutung Welt im räumlichen Sinn vor.
Überschaut man den Gebrauch des Wortes aion, Äon, und die damit verbundene Eschatologie, so kann man feststellen, dass das NT von der Ewigkeit in den Kategorien der Zeit spricht.
Der Ausdruck „zukünftiger Äon“ wird nur mit größter Zurückhaltung gebraucht. Das Kommende ist nur relevant im Blick auf die jeweilige Gegenwart. Bewusste Zurückhaltung vor Geschehnissen, die zu wissen verwehrt ist (1Thess 5,1ff; Mt 24,37ff); keine Spekulationen über den Zustand und den Zeitpunkt des kommenden Äon.