Konkordantes NT (KNT)(Dünndruck=Zusatz) | Die Gute Nachricht | Elberfelder1905 | DaBhaR(Kursiv=Zusatz) | Schlachter |
und wer unter euch der Erste sein will, soll euer Sklave sein, ebenso wie der Sohn des Menschen nicht kam, um bedient zu werden, | und wer von euch an der Spitze stehen will, soll sich allen unterordnen. Auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen, | und wer unter Euch der Erste sein will, soll euer Knecht sein; gleich wie der Sohn des Menschen nicht gekommen ist, um bedient zu werden, | Und wer gleichsam inmitten von euch willens ist, ein Vorderer zu sein, wird euer Sklave sein, ebenso, wie der Sohn des Menschen nicht kam, um bedient zu werden, | und wer unter euch der Erste sein will, der sei euer Knecht, gleich wie des Menschen Sohn nicht gekommen ist, sich dienen zu lassen, |
sondern um zu dienen und Seine Seele als Lösegeld für viele zu geben. | sondern um zu dienen, und sein Leben als Lösegeld für alle Menschen dahin zu geben. | sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele. | sondern zu dienen und seine Seele zu geben als Lösendes an vieler statt. | sondern damit er diene und sein Leben gebe zum Lösegeld für viele. |
Seele oder Leben?
Dies ist ein gutes Beispiel dafür, wie wenige Worte den Sinn einer Übersetzung stark verändern. Die diskordanten Übersetzungen nach Luther und Schlachter, sowie die „Gute Nachricht“ und die Elberfelder geben das griechische psuche (Seele) nicht nur an dieser Stelle mit „Leben“ wieder. Wird damit die Verständlichkeit gefördert oder die Aussage des Grundtextes unzulässig verändert? Der Begriff Seele kommt im AT über 700mal vor (nephesh) und im NT über 100mal (psuche). Das griechische psuche wird von Luther nun außer mit Seele 2mal mit Herz, 1mal mit (jeder)mann, 1mal mit Mut und wie auch hier 35mal mit Leben übersetzt. In konkordanten Übersetzungen werden die Wörter einheitlich wiedergegeben, das heißt psuche und nephesh mit Seele. Wenn aber „Leben“ statt „Seele“ gemeint war, warum finden wir nicht das entsprechende Wort (nämlich zoe) im Urtext?
Durch derartig uneinheitliche Übersetzungen kann der Leser gar nicht mehr herausfinden, was die Bibel mit dem Begriff Seele ausdrücken will. Der Mensch wurde eine lebende Seele (und nicht etwa ein lebendes Leben) nachdem Gott Lebensodem (Geist) in den Körper, der aus Erdreich geformt war, gehaucht hat (1. Mose 2,7). Dies ist ein allgemeines Prinzip, das für alle Lebewesen gilt, die sich selbst bewegen können, also auch für Tiere (Seele von Tieren: 1. Mose 1,20f; 3.Mose 17,11ff – Strong H5315; Geist von Tieren: Prediger 3,21). Es gibt zahlreiche Schriftstellen, welche eine Beziehung zwischen der Seele und den Sinnen herstellen (5. Mose 12,20; 23,25; Psalm 107,18; Jesaja 32,6 u.v.a.). Der Begriff „Seele“ steht also für die Gesamtheit an Erfahrungen und Empfindungen, die ein Mensch im Lauf seines Lebens macht. Sie steht auch für Überzeugungen und Glaubenswachstum, also für seine Persönlichkeit. Die Seele ist also das Wertvollste, was ein Mensch besitzt. Mit jeder neuen Erfahrung ändert sie sich in positiver oder negativer Richtung. Spricht die Bibel davon, dass die Seele umkommt (z.B. Joh. 12,25), meint sie dass der Mensch seine Überzeugungen aufgibt. Daher kommt auch die Redewendung, seine Seele zu verkaufen, wenn man positive Ideale zugunsten niederer Motive aufgibt. Seele hier einfach mit „Leben“ zu übersetzen, würde der Aussage des Textes also nicht gerecht werden.
Mit diesem Wissen machen viele Stellen, die durch falsche Übersetzungen geradezu entstellt werden, wieder Sinn. So heißt es in Joh. 15,12-14 „Dies ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, so wie ich euch geliebt habe. Größere Liebe kann niemand haben als die, dass jemand seine Seele [und nicht etwa Leben!] für seine Freunde hingibt.“ Hier wird natürlich nicht zum Selbstmord oder Märtyrertum für andere Menschen aufgerufen, was die Fehlübersetzung nahe liegen könnte, sondern dazu, seine eigenen Genüsse und sein eigenes Empfinden in der Gesamtheit zurückzustellen und den Anderen darüber zu stellen, den Anderen selbstlos (!) zu lieben. In diesem Sinn stellt auch Paulus in 1. Kor. 2,14 den seelischen (psuchikon) Menschen [oft mit „fleischlich“ übersetzt], dem geistlichen Menschen gegenüber. Modern ausgedrückt kann man Seele oft mit dem „Ego“ des Menschen, seinen eigenen Wünschen, Interessen und seinem Empfindungen gleichstellen. Nur der geistliche Mensch wird von Gott befähigt die Seele, also sein Ego, zurückstellen und andere Menschen wirklich zu lieben. Klar ist auch, dass es die Möglichkeit der Empfindung nach dem Tod nicht mehr gibt, denn Geist und Körper werden dann getrennt. Der Begriff Seele wird in der Bibel daher auch verwendet, um den Menschen an sich zu bezeichnen (Apg. 7,14; Apg. 27,32), wie auch in unserer Sprache („das Dorf hat 300 Seelen“). Die Bibel spricht davon, dass die Seele nach dem Tod nicht mehr wahrnehmbar ist, bzw. dass sie im Ungewahrten (=Hades) ist (Apg. 2,27). Damit dürfte auch klar geworden sein, dass die biblische Lehre über die Seele in wesentlichen Punkten der gemeinhin bekannten und verbreiteten Vorstellung widerspricht. Diese unbiblischen Philosophien (die z.B. von einer „unsterblichen“ Seele ausgehen, die ein Teil des Menschen sein soll) wurden vom Gnostizismus entwickelt, von dem griechischen Philosophen Platon verfeinert und von seinen geistigen Nachfolgern (Neoplatonismus) in die Welt getragen, und von dem Kirchenvater Origenes in die Kirchendogmen.
Der Auftrag Jesu
Mit diesem Wissen steht nun Mt. 20,28 wie auch die Parallelstelle Mk. 10,45 in einem ganz anderen Licht, als in den diskordanten Übersetzungen. Zunächst ist wichtig zu sehen, wovon hier nicht die Rede ist: Sie spricht nicht vom Tod Christi. Sie sagt, dass Er Seine Seele gab, nicht sein Leben. Mit keinem Wort wird die Rettung erwähnt. Dienst ist das Thema, das hier erörtert wird. Ebenso wenig lesen wir von Sünde, sondern von der Ausübung der Herrschaft und von der Bereitschaft zu dienen. Zur Zeit der Aussage des Herrn in Matthäus 20 war den Jüngern die Bedeutung Seines Todes kein Begriff, und sie rechneten wohl auch nicht damit, da sie das Königreich als unmittelbar bevorstehend wähnten. Andernfalls wäre ihrer Meinung nach ja auch ihre ganze Erwartung hinfällig geworden, was ihre Reaktionen auf die Andeutungen des Herrn bezüglich Seines Todes später zeigen. Sie haben daher Seine Worte gar nicht so verstanden, wie sie heute interpretiert werden; sie hätten sie auch gar nicht so verstehen können. Wir tun daher dieser Schriftaussage Gewalt an, wenn wir sie in Verbindung mit dem Tod des Herrn sehen und meinen, wir müssten hier „Seele“ durch das Wort „Leben“ ersetzen.
Nein, hier ist etwas anderes gemeint, was durch die konkordanten Übersetzungen klar wird. Jesus kam zunächst nur auf die Erde, um Sein Volk Israel auf das 1000-jährige Königreich vorzubereiten. So weist Jesus die Zwölfe an: „Geht aber vielmehr zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel … heroldet und sagt: Genaht hat sich das Königreich“ (Mt. 10,6). Dieser Auftrag Jesus nur an Israel wird in Mt. 20,28 beschrieben, denn die Menschwerdung ist eine Erniedrigung für Jesus Christus, dem Sohn des allmächtigen Gottes: „Denn diese Gesinnung sei auch in euch, die auch in Christus Jesus ist: der, als Er in der Gestalt Gottes war, es nicht als ein Rauben erachtete, ebenso wie Gott zu sein; sondern Er entäußerte Sich Selbst, nahm die Gestalt eines Sklaven an, wurde den Menschen gleich gestaltet.“ (Phil. 2,6-7). Statt als Herrscher auf der Erde zu sein, durchlebte Er als Sklave Entbehrungen, die mit Armut, Schwachheit und Erniedrigung einher gingen. Seine Seele zu geben, bedeutet also, Verzicht zu üben zugunsten einer Aufgabe.
Die „vielen“ sind also auch nicht alle, wie die Gute Nachricht kurzerhand die Aussage des Grundtextes abändert, um sie der herrschenden theologischen Interpretation anzupassen. Wir wissen doch, dass durch den Tod Christi, die Sünden ausnahmslos aller Menschen getilgt sind (Joh. 1,29) und das Leben aller Menschen durch den Tod Jesu völlig passiv gerechtfertigt ist (Römer 5,18; 1. Kor. 15,22). Da es in der Bibel keine Widersprüche gibt, ist auch deswegen klar, dass hier nicht der gleiche Sachverhalt (also der Tod Jesu) thematisiert ist. Nein, es geht um die aus dem Bund der Beschneidung (um Israel, nicht um die gesamte Menschheit!), die unter dem Gesetz versklavt waren und dieses nicht erfüllen konnten. So nahm Er ihren Platz unter dem Gesetz ein und erfüllte es für sie (Mt. 5,17). Das alles hat nichts mit uns zu tun, denen aus den Nationen, denen gar kein Gesetz gegeben wurde. Das Evangelium, das Jesus verkündete, war auf das Gesetz bezogen und deswegen ein völlig anderes, als das des später auftretenden Paulus, das an die Nationen gerichtet ist und nach dem Tod Jesu eine ganz andere Basis hat.