Archiv der Kategorie: Wortanalysen

Aion, olam = Ewigkeit?

Im Neuen Testament wird bei Zitaten aus dem Alten Testament das hebräische „olam“ mit „aion“ wiedergegeben (Heb. 1,8; Heb. 5,6; 1. Petrus 1,25). Es liegt also eine Bedeutungsgleichheit vor. Luther übersetzte „aion“ 37mal mit „Welt“. 75 mal benutzte er „Ewigkeit“/ „ewig“/“ewiglich“, jeweils 1mal „Lauf“, „vorzeiten“ und „Zeit“. „aionion“ übersetzte er 67mal mit „ewig“ und 3mal mit „Welt“. Diese Vielfalt macht deutlich, dass die Begriffsbedeutung nicht in der Bibel selbst gesucht wurde. Offensichtlich waren hier also zumindest bei einem Teil der fallweisen Übersetzungen bzw. Interpretationen ausserbiblische Überlegungen und Vorstellungen Ausschlag gebend.

Übersetzungschaos bei dem griechischen aion

Untersucht man alle Belegstellen, erkennt man Folgendes: Übersetzt Luther aion mit Welt (z.B. Mt. 12,32; Mk. 10,30; Lk. 18,30; Röm. 16,25; 1.Kor. 10,11, Eph. 1,21; 3,21; Kol. 1,26; 1.Tim.1,17; 2.Tim. 1,9; Heb. 9,26) ist nicht ein Ort im Universum gemeint, sondern ein bestimmter Zeitabschnitt mit einem Anfang (1. Kor. 2,7) und einem Ende (Abschluss des Äons: Mt. 13,39; 13,49; 24,3; Hebr. 9,26, 1.Kor. 10,11). Der Begriff „Äon“ wird auch als Fachbegriff in der Geologie verwendet, um einen langen geologischen Zeitabschnitt zu bezeichnen (natürlich ist dort nur diese eine Bedeutung bekannt!). Dabei geht man von zwei vergangenen Äonen aus (Archaikum, Proterozoikum) – der gegenwärtige dritte Äon wird Phanerozoikum genannt, weiter untergliedert wird in Ären (Entsprechung in der Bibel: oikonomia). Wichtig zu erkennen ist, dass auch in der Bibel die Bedeutung von „Zeitabschnitt“ zwingend ist – die angebliche andere Bedeutung von „Endlosigkeit/Ewigkeit“ war an den oben genannten Stellen aus spachlogischen Gründen nicht möglich. Andere Übersetzungen verwendeten daher auch den Begriff „Zeitalter“ oder noch besser „Weltzeit“. Da aber auch schon kosmos richtigerweise mit Welt übersetzt wird, im Sinn einer Gesellschaftsordnung, kann diese Übersetzung für Aion nach der konkordanten Methode nicht mehr verwendet werden, zumal es den Aspekt der Zeitlichkeit nicht ausreichend betont.

Ewigkeit bedeutet nicht endlos

Der deutsche Begriff Ewigkeit/ewig, den Luther außerdem benutzte, hat im Laufe der Zeit die ursprüngliche Bedeutung (langer Zeitraum, verwandt mit dem alth. ewa, Ehe; entstammt dem indogermanischen aju=Lebensdauer) verloren. Die Redewendung „ewig und drei Tage“ beispielsweise entstammt dem Mittelalter. Sie entstand, weil es damals 18 Monate dauerte, bis die Einspruchsfrist für ein Rechtsgeschäft, wie eine Erbschaft, verjährt war. Zu diesem sehr lang wirkenden Zeitraum kamen noch drei Tage hinzu, in denen das Landgericht über den Vorgang tagte. Ewig ist also einfach nur ein als lang empfundener Zeitraum.

Aion bedeutet nie zwingend Endlosigkeit

Diese eigentliche Bedeutung hat es in der Theologie verloren, und das Gegenteil „Unendlichkeit“ angenommen. Allerdings ergibt sich diese Interpretation von Aion an keiner Belegstelle aus dem Text selbst, im Unterschied zur Übersetzung im Sinn von Zeitalter. Lediglich (offensichtlich unbiblische) vorgefasste Meinungen gaben hier wohl den Ausschlag für die vorgenommene Bedeutungsveränderung hin zu einer „Endlosigkeit“. Angebliche Hinweise auf die Bedeutung der Unaufhörlichkeit lassen sich leicht entkräften. In 2.Kor. 4,18 beispielsweise geht es nicht um den Gegensatz von zeitlich und nichtzeitlich, sondern um einen kurzen Zeitabschnitt (proskairon hat nichts mit der Zeit chronos an sich zu tun, sondern bedeutet kurz befristet) im Vergleich zu einem wesentlich längeren (äonischen) Zeitabschnitt, der Dinge, die außerhalb der eigenen Lebenszeit liegen unsichtbar werden lässt.
Außerdem, im unwahrscheinlichen und der Geschichte der Sprache einmaligen Fall, dass ein Nomen zwei entgegengesetzte Bedeutungen haben kann, wie es gerne konstruiert wird, nach welchen Kriterien wird dann die richtige Bedeutung ausgewählt, wenn im Zusammenhang beides möglich wäre? Warum wurde in diesen Fällen immer mit Ewigkeit übersetzt, insbesondere wenn es um die Gerichte Gottes geht? Wie ist es zudem zu erklären, dass „aion“ auch in der Mehrzahl vorkommt (Gal 1,5 u.v.a.). Gibt es etwa mehrere Endlosigkeiten?

aionion ist ebenfalls zeitlich begrenzt

Wie sieht nun um „aionion“, dem Adjektiv von Aion, aus? Wie wählt man dort aus? Nicht nötig, wird dem erstaunten Laien erklärt: „aionion“ habe doch nur eine Bedeutung, und zwar „ewig“! Das Substantiv Äon soll also zwei sich widersprechende Bedeutungen haben, das zugehörige Adjektiv aber nur eine. Wie ist dieser Widerspruch zu begründen? Es ist wohl nicht nötig auszuführen, dass diese Aussage sprachlogisch absurd ist. Hilfreich war den „Übersetzern“, dass aionion in der Bibel meist mit abstrakten Begriffen wie Leben verknüpft wird, bei der die Falschübersetzung logisch nicht auffällt. Es gibt aber gern verschwiegene Belegstellen (Rö. 16,25; 2. Tim. 1,9), die der Interpretation von äonisch mit endlos klar widerlegt, während Titus 1,2 der Auslegung im Sinn einer Anfangslosigkeit von äonisch widerspricht, da von vor-äonischen Zeiten die Rede ist.

Bessere Übersetzungen

In konkordanten Übersetzungen werden die eingedeutschten Wörter „Äon“ bzw. „äonisch“ eingeführt, da kein deutsches Wort geeignet scheint, eine Übersetzung zu liefern. Die Definition für Äon in der Stichwortkonkordanz des KNT (S.371) lautet „Weltzeit, der längste Zeitabschnitt, eine Welt vom Gesichtspunkt ihrer Zeitdauer aus gesehen“ und äonisch bedeutet demnach folgerichtig: „die Äonen betreffend“. Nur wenn Aion einheitlich übersetzt wird, kann der Zeitplan Gottes, bestehend aus verschiedenen Äonen, die verschiedene Inhalte haben, erkannt werden.

Korrekte griechische Begriffe für Endlosigkeit

Es entbehrt auch jeder Grundlage, wenn behauptet wird, dass es im Griechischen anders nicht möglich sei, eine Unendlichkeit auszudrücken und die Schreiber deshalb gezwungen waren, den vorhandenen Zeitbegriff Äon mit einer völlig neuen, zusätzlichen Bedeutung zu belegen. Richtig ist, dass eine Endlosigkeit sehr wohl deutlich mit vorhandenem Vokabular ausdrückbar gewesen wäre. Man verwendet dazu Verneinungen (nicht nur im Griechischen), wie Unsterblichkeit (a thanasia, 1. Kor. 15,53; 1. Tim. 6,16), Unauflöslichkeit (a kata luton, Heb. 7,16), Niemals mehr (ou me eti, Offb. 18,21-23), Unvergänglichkeit (a phtharsia, 1. Kor. 15,42; 15,50; 15,53; 15,54; Eph. 6,24; 2. Tim. 1,10) bzw. unvergänglich (a phetheron Gott: Rö. 1,23; 1. Tim. 1,17). Wie kann nun ein Übersetzer z.B. davon ausgehen, dass es ja äonisches Leben nicht heißen kann, und statt dessen mit unvergänglichem Leben (ewigem Leben) übersetzen?

Folgen

Verfloskelte Unsinnigkeiten wie das Wortungetüm von Ewigkeit zu Ewigkeit können in einer wortgetreuen Übersetzung also nicht mehr gefunden werden. Was sollte das denn auch sein? Dauert da etwas was von einer Unendlichkeit zur nächsten an? Gibt es etwa mehrere Endlosigkeiten? Nein, die Erklärung ist einfach. Meist steht dort tatsächlich „für die Äonen der Äonen“ (z.B. Offb. 20,10 „tous aionas ton aionion“), was so viel bedeutet wie „während einiger Äonen, die besonders wichtig sind“; vergleichbar mit unserem Sprachgebrauch, wenn man den „Tag der Tage“ herausheben möchte.
In Markus 3,29 spricht Jesus auch beispielsweise nicht davon, dass es „keine Vergebung in Ewigkeit“ gäbe, sondern „keine Vergebung in dem Zeitalter (Äon!)“. Nach Offb. 11,15 dauert die Herrschaft des Sohnes „für die Äonen der Äonen“ (also für die letzten beiden Äonen – Millennium und die Neue Erde – statt von „Ewigkeit zu Ewigkeit“), denn danach wird Er sie ja Seinem Gott und Vater übergeben (1. Kor. 15,24-28), sie hat also ein Ende. Die „ewige Pein“ in Mt 25,46 ist richtig übersetzt eine „äonische Strafe“, da der nächste Äon (das 1000-jährige Königreich) nicht als Mitglied des herrschenden Volks Israel erlebt wird, sondern man statt dessen tot ist und danach zur Zurechtbringung das Gericht durchlitten werden muss (siehe auch 2. Petrus 2,9). Das Gericht des „ewigen“ (eigentlich äonischen) Feuers, das über Sodom und Gomorra kam (Judas 1,7) hatte ein Ende, wie wir wissen; Gott hat sogar den früheren Zustand hergestellt, ihr Geschick gewendet (Hes 16,53-55).

Überzeit als philosophisches Konstrukt

Wenn nun aber die Vorstellung von Ewigkeit nicht in der Bibel wiederzufinden ist, wo kam sie dann her? Der Begriffsinhalt von „unaufhörlicher Zeit“, die dem hebräischen Zeitdenken sowieso völlig fremd war, wurde in der Deutung als „Überzeit“ erst von Platon entwickelt und von Plutarch und der jüngeren Stoa übernommen. Die Unendlichkeit ist in der Philosophie die Bezeichnung für das Grenzenlose, in dem alle Phänomene angesiedelt sind, deren Ende nicht gedacht werden kann. Die Unendlichkeit gilt Platon als die wahrhafte Form des Seins, d. h. als Seinsweise der Ideen, die frei von allem Werden sind. Für die antiken Denker war zumeist die Welt unendlich – eine Auffassung, die mit der Bibel, die von einem zielgerichtet in Zeitabschnitten handelnden Gott berichtet, nichts gemein hat. Mit der Falschübersetzung Ewigkeit/ewig wurden also unbiblische Philosophien in die Bibel getragen (mehr…).

Siehe auch:

Heinrich Langenberg: Äon oder/und Ewigkeit?

Thomson: Wie sich die Ewigkeit einschlich

Wolfgang Gaßler: Analyse des Begriffs „Ewigkeit“ in der Bibel

Heleen M. Keizer: Life Time Entirety – A study of Aion in Greek Literature and Philosophy, the Septuagint and Philo, Doktorarbeit 1999, Amsterdam (engl.)

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Geenna, Hades/Sheol = Hölle?

Mit „Hölle“ wurden und werden bis heute das griechische Hades und Geenna übersetzt (u.a. bei Luther). Luther übersetzte Hades 5mal mit „Hölle“ (z.B. in Mt. 16,18), außerdem 2mal mit Toten, 2mal mit Totenwelt, 1mal mit „sein Reich“. Geenna übersetzte Luther 8mal mit „Hölle“ (u.a. Mt. 5,22; Mt. 29,30; Mt. 18,9; Mk 9,43, Mk. 9,45, usw.); und 4mal mit „höllisch“. Diese willkürliche Art der Übersetzung ist 1540, als Luther sich an die verdienstvolle Pionierarbeit der Übersetzung machte, noch zu entschuldigen. Heute, nach vielfacher Überarbeitung, ist das nicht mehr nachvollziehbar.

Der Hades des NT ist die Übersetzung von Sheol aus dem AT (Ap. 2,27, Ps. 16,10). In den Hades/Sheol kommen die Seelen aller Menschen nach dem Tod (Ps. 30,3; 49,15; 86,13; 89,48; Spr. 23,14; Joh. 5,28-29; Ap. 2,31). Die Seele ist entstanden durch die Verbindung von Geist und Körper (1. Mose 2,7) und ist folglich nicht mehr existent, wenn Geist und Körper nach dem Tod getrennt werden. Das wird auch durch die wörtlichen Übersetzungen von Hades und Sheol ausgedrückt: Hades bedeutet „Unwahrnehmbares“ und Sheol „Fragliches“. Es ist also fraglich, wo die Seele nach dem Tod ist, sie ist nicht mehr da, also nicht mehr wahrnehmbar, wenn das Blut nicht mehr im Körper zirkuliert (vergleichbar mit elektrischem Licht, nachdem der Stromfluss unterbrochen wurde). Der Todeszustand im Hades wird auch mit dem Schlaf verglichen (1. Thess. 4,14; 1. Kor. 11,30). Dieser Zustand wird für jeden ein Ende haben: „Jehova tötet und macht lebendig; er führt in den Scheol hinab und führt herauf“ (1. Samuel 2,6). Im AT ist von Qualen im Sheol nie die Rede, im Hades des NT ebenfalls nicht, abgesehen von der Verwendung des Begriffs Hades in einem Gleichnis. Wird aber diese Rede Jesu vom reichen Mann und armen Lazarus (Luk. 16,19 ff) angemessen, d.h. als Gleichnis, interpretiert, löst sich jeder Widerspruch auf (hier ausführlich erklärt).

Interessant ist, dass der Begriff „Hölle“ in der Ursprungsbedeutung für Hades eine gar nicht so falsche Übersetzung wäre. „Hölle“ entstammt nämlich dem Begriff „Hel“ (vgl. das engl. Hell), das etymologisch eigentlich verwandt ist mit bergen, verhüllen, Höhle, Hülse, Helm. In alten Bauernhäusern wurde mit „Hölle“ daher auch der enge, „verborgene“ Raum zwischen Kachelofen und Wand bezeichnet. Auch unscheinbare, schmale Gässchen erhielten diesen Namen (Straßenschild im Örtchen Almke):

Hoelle_AlmkeMit dieser Ursprungsbedeutung wäre es also eine angemessene Übersetzung von Hades (=Ungewahrtes, also Nicht-Wahrnehmbares), wenn der Begriff „Hölle“ nicht im Laufe der Zeit mit Horrorvorstellungen gefüllt worden wäre.

Geenna (Gehenna) ist dagegen lediglich eine Ortsbezeichnung für ein Tal südlich von Jerusalem (heutiger Name: „Wadi er-Rababi“). Gehenna ist die griechische Form des hebräischen Gehinnom und bedeutet „Tal Hinnom (Ge-Hinnom)“. Auf historischen Karten von Jerusalem ist es eingezeichnet:

Historische Karte mit dem Tal Hinnom (unten links)
Historische Karte mit dem Tal Hinnom (unten links)

Hier ist auch ein Photo von dem, was einige Übersetzer in Mt. 5,22ff; Mt 18,9; Mt 10,28; Mt. 23,15; Mk. 9,43ff; Jak. 3,6 frei mit „Hölle“ übersetzt haben (Jerusalemer Bibellexikon, S. 344):

Das Tal Gehenna bei Jerusalem
Das Tal Gehenna bei Jerusalem

Wie kam es dazu? Dieser Ort hat zweifelsohne eine grauenvolle Vergangenheit. Zu alttestamentlicher Zeit wurden hier bei kultischen Handlungen dem Ammoniter-Gott Moloch Kinder geopfert (2.Könige 23,10). Dies geschah auf dem sog. „Thophet“ (wörtlich „Feuerstätte“), einer Höhe, die eigens zu diesem Zweck dort errichtet wurde. Diese Praxis wurde von den Israeliten unter der Regentschaft Solomons im 10. Jh v.Chr. und des Königs Menasseh im 7. Jh. v.Chr. weitergeführt bis in die Zeit des babylonischen Exils (6.Jh. v.Chr.). Der Prophet Jeremia, der diesen unsäglichen Brauch scharf verurteilte, nannte dieses Tal „Schlucht der Umbringung“ (Jer. 7,31-32; 19,5-9), weil nach dem Gericht Gottes über Jerusalem kein anderer Platz mehr sein wird, die Toten zu begraben (Jer. 19,6-11). So kündigte Jesaja an: „…und sehen die Leichen der Menschen, die da übertraten gegen Mich [Jahwe] … und sie werden zum abstoßenden Anblick allem Fleisch“ (Jes. 66,24). Diese Prophezeihung hat sich mit der Eroberung Jerusalems durch Nebukadnezar II. 586 v.Chr. erfüllt.
Spätestens ab dem 8 Jh. v.Chr. diente das Tal als das wichtigste Begräbnisfeld Jerusalems, wie aus archäologischen Ausgrabungen hervorgeht (Jerusalemer Bibellexikon, S. 344). Außerdem wurden ständig Tierkadaver und Unrat verbrannt. Wo Feuer das Fleisch nicht vollständig vernichtete, dürften Würmer oder Maden dies übernommen haben. Was daher die Bibel über diesen Ort sagt, entspricht im Allgemeinen der traditionellen Auffassung, die in rabbinischen und anderen Schriften vertreten wird. Demnach diente das Hinnomtal als Müllgrube der Stadt Jerusalem. In J. B. Phillips’ „New Testament in Modern English“ wird das Wort Gehenna in Matthäus 5,30 mit „Schutthaufen“ wiedergegeben. Der Jude David Kimchi (ca. 1160 bis 1235) kommentierte: „In der Umgebung von Jerusalem existiert ein widerlicher Ort, in den man unreine Dinge und Leichname hinabwarf. Ebenso war dort ein ständiges Feuer, um die unreinen Dinge und die Knochen der Leichname zu verbrennen.“
Im Neuen Testament wird von Jesus 11mal auf diesen unheimlichen Ort Bezug genommen. Er benutzt die in den Köpfen seiner Zuhörer vorhandenen Bilder von Feuer und Vernichtung, also das Bild des schändlichen Todes, um das Leben im Königreich als Alternative als noch erstrebenswerter darzustellen, das jedes denkbare Opfer lohnt (z.B. Mrk. 9,43-48). An diesem Königreich teilzunehmen, war Generationen von Juden ein großes Ziel – es nicht erleben zu können, wäre eine große Strafe. Einmal noch wird Gehenna im NT erwähnt und zwar in Jak. 3,6 – dort wird besonders deutlich, dass es sich um eine Metapher handelt.

Festzuhalten ist an dieser Stelle, dass der biblische Befund eindeutig ist:
1) Die Bibel beschreibt an keiner Stelle, dass in der Gehenna jemand gequält wird (schon gar nicht nach dem Tod); auch angekündigt wird das nie, weder von den Propheten noch von Jesus. Die Gehenna in der Bibel ist ein Freiluftkrematorium, nicht mehr und nicht weniger.
2) Angesprochen sind außerdem nur Angehörige des Volkes Israel in einem bestimmten Kontext, sowohl im AT als auch im NT. Daraus einen Ort der „ewigen Verdammnis“ ganz allgemein für Gott ferne Menschen zu machen, ist auch aus diesem Grund nicht gerechtfertigt.

Dass dieses Tal dennoch mit einer „Hölle“ in Verbindung gebracht wurde, liegt neben möglichem Wunschdenken an jüdischen Fabeln und Sagen: Beispielsweise soll es laut Talmund (ab 200 n.Chr. entstanden) in dem Tal Hinnom zwischen zwei Palmen ein Erdloch geben, aus dem Rauch aufsteige. Dies, so wird fabuliert, soll der Eingang zu einer Hölle sein (F. Rienecker, Lexikon zur Bibel, Stichwort Hinnom-Tal). Weiterhin machte man in den kultischen Büchern „4. Buch Esra“ und in den „Sibyllinischen Orakeln“ (beide um 100 n. Chr. entstanden) die Gehenna zu einem zukünftigen Strafort (siehe wikipedia). Jeder, der von einer Qualhölle redet und damit die Gehenna meint, sollte also wissen, dass er den Boden der Bibel verlässt und ausserbiblische Geschichten verbreitet.

Um die Höllenvorstellung trotzdem zu rechtfertigen, wird gerne auf die Formulierung „Heulen und Zähneklappern“ (besser: Jammern und Zähneknirschen) verwiesen, die 7mal im NT auftaucht (wie in Mt. 8,12). Hier ist aber nicht von der Gehenna die Rede, sondern teils von Finsternis, die auf einem Feuerfriedhof nicht herrschen kann. Zudem wäre es eine verantwortungslose Verharmlosung von Zähneknirschen zu sprechen, würde Jesus hier vor den Qualen einer „Hölle“ warnen, die viele damit beschrieben sehen wollen. Richtig ist, dass Jesus mit verschiedenen Bildern vor der Alternative zum Leben im Königreich gewarnt hat. Diese Redeweise steht also für den Kummer und die Verzweiflung derer, die vom Königreich (im Bild: ein hell erleuchtetes Festbanquet) ausgeschlossen werden (im Bild: Dunkelheit außerhalb), ausgeführt in einigen Gleichnissen (Mt. 22,13; 25,30). Zähneknirschen und Jammern symbolisieren dabei Selbstvorwürfe.

Mehr dazu, wie die Höllenlehre in die Bibel gekommen ist, siehe hier.

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bema = Preisrichterbühne?

Im Neuen Testament ist das griechische „Bema“ ein Podium, ein erhöhter Platz, der im Fall von Jesus (Joh. 19,13) und Paulus (Apg. 25,6) der Ort des Richters war.

bema, "Preisrichterbühne"
bema, „Preisrichterbühne“

12mal kommt dieser Begriff vor, einmal auch als Bema Christi und einmal als Bema Gottes. Nur diesen beiden Fällen übersetzt das Konkordante NT mit „Preisrichterbühne“, sonst mit „Richterbühne“, wie es auch der sonstigen Verwendung entspricht. Leider hat man hier also das Prinzip verlassen, möglichst gleich zu übersetzen. Allerdings wurde nur der Wortbestandteil „bühne“ dick gedruckt, was deutlich macht, dass es sich nur bei diesem Teil um eine direkte Übersetzung handelt. Der vordere Teil „Preisrichter“ ist dünn gedruckt und somit als Zusatz erkennbar. Offensichtlich wurde das gemacht, um die Auslegung in eine bestimmte Richtung zu lenken:

Römer 14,10-11

Du aber, was richtest du deinen Bruder? Oder auch du, was verschmähst du deinen Bruder? Werden wir doch alle vor der Preisrichterbühne [gr. bema] Gottes dargestellt werden; denn es steht geschrieben: So wahr Ich lebe, spricht der Herr: Vor Mir wird jedes Knie sich beugen, und jede Zunge wird Gott huldigen.

Es geht hier um Mitchristen (Brüder), die entsprechend der Übersetzung vor der bema dargestellt werden. Deshalb wurde die Übersetzung „Richterbühne“, die sonst passend ist, abgeschwächt mit „Preisrichterbühne“, um einen offensichtlichen Widerspruch nicht aufkommen zu lassen. Fest steht nämlich: Gerichtet werden Gläubige nicht mehr (Römer 8,1; Joh.5,24). Es soll also vermittelt werden, dass nur „Preise“ verteilt werden, was im Text selbst allerdings nicht ausgesagt wird.

Wahrscheinlich liegt die Lösung woanders. Denn „Darstellen“, griechisch „paristemi“ (Strong G3936) kann aber auch mit „neben oder bei etwas stehen“ übersetzt werden. Klar ist: Vor der bema werden Menschen ihre Knie beugen. Dies kann aber nur Ungläubige betreffen, denn Christen haben längst ihre Knie gebeugt.

Treffender übersetzt wäre also, dass wir neben der bema stehen, vor der ausschließlich Ungläubige ihre Knie beugen werden (Phil.2,10). Wir würden also mitrichten.

Dies würde harmonieren mit 1.Kor. 6,1-3

Wagt es wohl jemand unter euch, der einen Rechtshandel mit einem anderen Bruder hat, vor den Ungerechten sein Recht zu suchen und nicht vor den Heiligen? Oder wisst ihr nicht, dass die Heiligen die Welt richten werden? Wenn nun die Welt von euch gerichtet wird, seid ihr dann etwa für so geringfügige Rechtssachen unzuständig? Wisst ihr nicht, dass wir Boten richten werden, geschweige denn Angelegenheiten des täglichen Lebens?

Hier geht es darum, dass  Christen untereinander ihren Rechtsstreit vor ungläubigen Richtern ausgetragen haben, statt Unrecht zu erleiden (V.7). Dann gibt Paulus ein Ausblick auf ein Richteramt, das Gläubige zukünftig ausfüllen werden. Sie werden die Welt und Boten (Engel) richten. Dies wird möglicherweise bei verschiedenen Gerichten der Fall sein, eines ist sicher das vor dem großen weißen Thron.

Ein weiteres Mal taucht die Übersetzung Preisrichterbühne, diesmal die des Christus in 2. Kor. 5,10 auf:

Denn wir alle müssen vorne vor der Preisrichterbühne [gr. bema] des Christus offenbar gemacht werden, damit ein jeder das wiederbekomme, was er durch den Körper verübte, sei es gut oder schlecht.

Auch diese Übersetzung ist nicht alternativlos. Übersetzbar ist auch, dass „alle zu uns hin offenbart werden müssen“ [siehe hier]. In diesem Fall wären die Gläubigen wieder mitrichtend und „alle“ wäre die Welt, der Kosmos aus 1.Kor.6,2. Mit Vers 11 ist sowieso ausgeschlossen, dass Gläubige vor der Preisrichterbühne Christus offenbart werden, denn Gott gegenüber sind wir es schon (Eph. 5,8ff).

Oft wird das Geschehen vor der bema mit dem Zurechtbringen von Gläubigen gleichgesetzt, wie es hier beschrieben ist. Dies paßt aus verschiedenen Gründen nicht. Beispielsweise ist es ein Unterschied, ob man das Schlechte „wiederbekommt“, wie vor der bema oder ob es hinweg genommen und vernichtet wird, wie es in 1. Kor. 3 beschrieben ist.

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aion

Das griechische Wort aion
Auszug aus „Theologsiches Begriffslexikon zum Neuen Testament, Studienausgabe Band 2, Theologischer Verlag R. Brockhaus Wuppertal, 1977, Seite 1457 ff.

aion bedeutet Äon, Lebenszeit, Weltzeit, lange Zeit, Ewigkeit

Das griech. Wort aion unterscheidet sich von seinen indogerm. Parallelen (lat. aevum, deutsch ewig) dadurch, dass es nicht so sehr von einer abstrakten Zeitdauer, sondern von einer gelebten Zeit her gedacht ist…

Dass aion in der LXX (= Septuaginta, das ist die älteste griech. Übersetzung des AT, die im 3. Jh. v. Chr. auf der Insel Pharos 72 Schriftgelehrte herstellten, Anm. des Webmasters) in über 450 Belegen, davon über 100 in den Psalmen, zum Äquivalent für das hebr. olam=Dauer, Ewigkeit, wurde, liegt an der Ausgangsbedeutung Lebenszeit.

In allen Fällen ist ein auf das ganze Leben ausgedehntes, aber auch auf dieses beschränktes Geschehen gemeint, auch dann, wenn es sich um Verheißung lebenslanges Königtums (1. Sam 13,13), um Vertrauen des Volkes zu Mose, solange er lebt (Ex. 19,9), oder um lebenslängliches Vasallenverhältnis (1. Sam 27,12) handelt. Ganz selbstverständlich hört all dies mit dem Tode dessen auf, von dem es gesagt wird.

Das gilt natürlich auch dann, wenn solche Aussagen nicht von einem Einzelmenschen, sondern von Generationen (Ex 40,15; 32,13 u.a.) oder dem ganzen Volk gemacht werden (Jos 4,7; Ri 2,1). Mit dem Untergang dieser Größen ist auch die hier gemeinte Zeit beendet…

An dieser Stelle ergibt sich die einfachste der denkbaren Erklärungsmöglichkeiten für die sog. Ewigkeitsformeln: „Gelobt sei Jahwe, der Gott Israels, von Ewigkeit zu Ewigkeit“ (1Chr 16,36 u.a.). Israel wird zu stetigem Dank und Lob aufgerufen; die Dauer des Lobes ist also gebunden an die Dauer des Volkes in seinen Generationen. Und tatsächlich stehen in V.15 auch „ewig“ und „auf tausend Geschlechter“ im Parallelismus. So erhält die Formel „von Ewigkeit zu Ewigkeit “ ihren wahren Sinn zurück, da es auch in ihr nicht um eine abstrakt und unendlich gedachte Ewigkeit an sich, sondern um das lebendig lobende Gegenüber zu Gott geht. Zeigt doch 1Sam 2,30 mmit 3,13f. deutlich genug, das Gottes ewige Zusagen nie eine abstrakte Unwandelbarkeit, sondern eine gegenseitige Zugehörigkeit mit dem Menschen zum Inhalt haben: Solange sie intakt ist, ist sie ewig, sie kann nicht zerbrechen.

Auch die großen Verheißungen, die für ewig gesetzt sind, sind nicht einfach zeitlos und unverrückbar gültig, sondern bleiben an den lebendigen Bezug zum lebendigen Gott gebunden (1.Kö 9: Ewigkeit des Tempels an Gottes lebendige Anwesenheit gebunden; 2.Sam 7: die Ewigkeit des Königtums).

Im NT findet sich das Substantiv aion in folgenden Bedeutungen:

a) lange Zeit, Zeitdauer

b) Weltzeit, Weltdauer (z.B. Mt 13,39; 28,20) Auch die Weltgeschichte, Ablauf des Weltgeschehens, auch im Plural als Reihe aufeinandervfolgender Äonen (Hebr 9,26; 1Kor 10,11 u.a.).

Zuweilen liegt die Bedeutung Welt im räumlichen Sinn vor.

Überschaut man den Gebrauch des Wortes aion, Äon, und die damit verbundene Eschatologie, so kann man feststellen, dass das NT von der Ewigkeit in den Kategorien der Zeit spricht.

Der Ausdruck „zukünftiger Äon“ wird nur mit größter Zurückhaltung gebraucht. Das Kommende ist nur relevant im Blick auf die jeweilige Gegenwart. Bewusste Zurückhaltung vor Geschehnissen, die zu wissen verwehrt ist (1Thess 5,1ff; Mt 24,37ff); keine Spekulationen über den Zustand und den Zeitpunkt des kommenden Äon.

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ethnos = Heiden?

Luther hat das griechische „ethnos“ unterschiedlich übersetzt: 1mal Geschlecht, 1mal Grieche, 116mal Heiden, 2mal heidnisch, 2mal Leute, 1mal Mensch, 33mal Volk, 3mal weltlich. Insbesondere die Übersetzung mit „Heiden“ führt in die Irre, denn mit ethnos werden keineswegs Ungläubige gemeint. An einigen Stellen wird besonders deutlich, dass durchaus auch Gläubige mit ethnos angesprochen werden, bzw. der Begriff ganz neutral benutzt wird (dort dann von Luther inkonsequenterweise mit „Völker“ übersetzt, siehe Römer 1,13, Offb. 5,9; 7,9 usw.). Die konkordante Methode nun benutzt diese Stellen, an denen der Begriff sozusagen definiert wird, um diese Bedeutung in anderen Versen ebenfalls einzusetzen.
Durch einen derartigen Vergleich aller Vorkommen kann für ethnos dann folgende Definition (Stichwortkonkordanz KNT S.535) gefunden werden: eine Gemeinschaft, durch gemeinsame Regierung und gemeinsames Vaterland geeinigt. In der Einzahl bezeichnet es gewöhnlich die jüdische Nation (Lk 7,5). In der Mehrzahl stehen die Nationen im Gegensatz zu Israel. Für ethnos wurde daher der Begriff Nationen verwendet (auch zum großen Teil in der Elberfelder Übersetzung).
Volk steht dagegen mehr für Blutsverwandtschaft, Zunge vereinigt durch eine gemeinsame Sprache, Stamm bezeichnet eine engere Gemeinschaft von gleicher Abkunft, weiter als Familie, während Schar eine unorganisierte, beziehungslose, an einen Ort zusammengedrängte Menge bedeutet.
Die Bibel sieht so als Empfänger der Briefe zwei gleichrangige Gruppen von Auserwählten: aus der Nation Israel und aus allen Nationen. Durch die diskordante fallweise Übersetzung von ethnos mit Heiden (also Ungläubige) statt des richtigen Begriffs „Nationen“ wird das Erkennen dieses Sachverhalts erschwert.
Der Begriff Heiden ist angeblich entstanden, weil bei der Ausbreitung der römischen Staatskirche Heidebewohner (also „Heiden“), bzw. Landbewohner (lat. paganus) zuletzt erreicht wurden. Mit Heiden sind Nichtchristen oder Ungläubige gemeint. Das griechische „ethnos“ sagt dagegen etwas völlig anderes aus. Hier liegt also eine klare Fehlübersetzung vor.

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Gott = El = Eloah = Elohim = Jewe?

Der griechische Titel „theos“ (Gott)

„Mein Herr und mein Gott!“, sagt der „ungläubige Thomas“ zu Jesus in Joh. 20,28, als er Ihn als seinen Herrn anerkennt. Jesus als Herrscher auf dem Thron wird Gott genannt (Heb. 1,8), ebenso wie Herodes (Ap. 12,22), als er als König eine machtvolle Rede hält und Paulus (Ap. 28,6), als durch ihn ein Wunder gewirkt wurde. Unser himmlischer Vater ist aber als einziger der Gott aller (Eph. 4,6; 1. Kor. 8,4). Was bedeutet also „Gott“? Es ist ein Titel, es bezeichnet etwas oder jemand, dem man sich unterordnet. Könige und Kaiser (übrigens auch Titel) werden deswegen göttlich genannt. Ein Holzstück kann ein Gott sein (Jes. 44,15) oder gar der eigene Körper (Phil. 3,19).
„Theos“, das griechische Wort für Gott, entstammt dem Verb „theo“, platzieren. „Theos“ ist also wörtlich ein Platzierer, ein Unterordner (S. Zodhiates, S.909; KNT, S.469). Im NT kommt es daher auf den Kontext an, um zu erkennen, wer damit gemeint ist.

Die hebräischen Titel El, Eloah und Elohim

Im hebräischen AT wird das deutlicher: „El“ (Al) ist der absolute Gott. „Ich bin Al und keiner sonst“ (Jes. 45,22). Der Wortstamm Al bedeutet „zu hin“ und beschreibt die Haupttätigkeit Gottes, nämlich die des Unterordnens, es ist der Titel des Allerhöchsten (1. Mose 14,18-20, 1. Kor. 15,28).
„Eloah“ (Alue) ist wörtlich jemand, der auf El ausgerichtet ist. „Alle Rede Eloahs ist geläutert“ (Sprüche 30,5): Das ist Jesus Christus, „das Wort“ (Joh.1,1), das zu El ausgerichtet ist.
Die Mehrzahl lautet „Elohim“ (Alueim): die zu Al hin Unterordnenden. Das können auch Menschen sein, die von El mit besonderen Vollmachten ausgestattet wurden, aber sich El unterordnen. Menschen aus Israel werden Elohim genannt, weil ihnen Vollmacht über andere gegeben wurde (Ps. 82,8; Joh. 10,34), z.B. Richter (2. Mose 21,6) oder Mose (2. Mose 4,16). Mose wurde dem Pharao zum Gott gesetzt (2.Mose 7,1). Elohim wird allerdings meist benutzt, um auszudrücken, dass der Geist der Gottheit (El) in und durch Seinen Sohn (Eloah bzw. Alue) wirkt. Elohim ist deshalb der Schöpfer (1. Mose 1), denn durch Jesus Christus wurde das All erschaffen (Joh. 1,3).

Jewe, Jesus, Christus

Wörtlich übersetzt bedeutet Jewe (JHWH, IEUE: hebr. Tetragramm unpunktiert, statt Jahwe oder Jehova) „wird da sein, ist da, war da“; die drei Zeitformen von „sein“ (2. Mose 3,14; Off. 1,4ff). Dieser Name ist also zeitbezogen und drückt das Dasein, Wirken und Verursachen Els in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft aus. Durch wen schuf El die Welt, redet El zu Menschen, wirkt El? Durch Seinen Sohn (1. Kor. 8,6; 1. Tim. 2,5), denn der Vater selbst ist Geist (Joh. 4,24), niemand hat ihn jemals gehört oder gesehen (Joh 5,37)! Auch die Kombination „Jewe Elohim“ bezeichnet fast ausschließlich den Sohn, der im NT Jesus genannt werden sollte (Mt. 1,25). In der griechischen Übersetzung des AT (Septuaginta LXX) wurde Jewe meist mit „kyrios“ (Herr) übersetzt. Auch im NT sonst wird Jesus oft mit Herr angesprochen: unser Herr Jesus Christus (wie in Phil. 1,2), denn Jesus Christus wurde von Seinem Vater zum Herrn über alle eingesetzt (Ap. 10,36). Als „Herr“ (Jahwe) ist Christus das „Bild des unsichtbaren Gottes“ (2.Kor. 4,4f). Im AT wurde dafür der Titel Adonai verwendet, d.h. „mein Herr“. Als ein Titel Christi bezieht er sich auf die Dienstverpflichtung seinem Vater gegenüber.
Jesus ist die griechische Form des hebräischen Jehoshua, der Verbindung aus „Jewe“ und „Hoshea“ (Rettung, Heil). Jesus bedeutet also heb. „Jewe-Retter“ und war der Name des Sohnes vor allem im Zustand Seiner Erniedrigung auf der Erde bis zur Kreuzigung und Auferstehung, durch die alle Menschen errettet wurden (1.Tim. 4,10; Joh. 3,17 u.a.). Der Name Jesus war ein Versprechen, das eingelöst wurde.
Christus (Christos) dagegen entspricht dem hebräischen Messias (Gesalbter), ein Titel angewandt auf Priester, Könige und Propheten nach ihrer Amtsweihung mit Öl. Besonders gebraucht von Christus, der über Seine Gefährten erhaben ist (Heb. 1,9). Der Titel Christus weist auf die Würden und Ämter und auf Seine Erhöhung nach der Auferstehung hin.

So beinhaltet auch die Reihenfolge der Kombination „Jesus Christus“ oder „Christus Jesus“ eine Aussage, die auch in Übersetzungen erhalten bleiben sollte. Fehldeutungen gar (z.B. „Trinität“) entstehen, wenn die Titel Gottes und Seines Sohnes synonym verwendet werden. Gefördert wird dies durch diskordante Übersetzungen, die unterschiedliche Titel schlicht mit „Gott“ übersetzen und somit die Unterschiede nicht mehr erkennen lassen.

 

Siehe auch hier die ausführliche Ausarbeitung von Dieter Landersheim.

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Engel oder Boten?

Das eingedeutschte Lehnwort für das griechische „aggelos“ ist „Engel“, die traditionelle Übersetzung. Unter Engel im theologischen Sprachgebrauch verstehen wir heute überhimmlische Wesen, die in der Kunst phantasievoll dargestellt werden (niedlich pausbäckig, graziös mit Flügeln usw.). Durch die Analyse der Wortverwendung in der Bibel fällt auf, das auch normale Menschen die Bezeichnung tragen (Mt. 11,10 Johannes der Täufer; Lk. 9,52 die Jünger Jesu; Ja 2,25 Kundschafter). Das griechische Wort bedeutet ja auch ursprünglich nichts anderes als Bote. Das Verb „aggelo“ bedeutet verkünden, Botschaft bringen. Aggelos ist also nichts weiter als eine Dienstbezeichnung. Somit wurde für „aggelos“ durchgängig „Bote“ verwendet. Den Begriff Engel in der Bibel nicht wiederzufinden, ist sicherlich ungewohnt, aber dient der besseren Verständlichkeit (und wirkt nebenbei einem Kitschchristentum entgegen).

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Die Bedeutung des Begriffs „tohu wa bohu“

Möchte man die Bedeutung eines Begriffs in der Bibel finden, so ist es entsprechend der konkordanten Methode sinnvoll, alle Vorkommen zu analysieren und zu sehen, welche Bedeutung an allen oder wenigstens den meisten Stellen passt. Dies wird hier mit der Elberflelder-Übersetzung getan, um die Bedeutung des Begriffs „tohu wa bohu“ in 1. Mose 1,2 zu finden:

1.Mose 1,2 Und die Erde war tohu (lebensfeindlich, wüst) und bohu (geistig leer, d.h. ohne Lebewesen), und Finsternis war über der Urflut, und der Geist Gottes brütete über der Fläche der Wasser.

5.Mose 32,10 Gott fand Jakob (also das Volk Israel) in der Wüste und in der Öde (tohu), im Geheul der Wildnis. Er umgab ihn, gab acht auf ihn, er behütete ihn wie seinen Augapfel. Wie der Adler sein Nest aufstört, über seinen Jungen schwebt, seine Flügel ausbreitet, sie aufnimmt, sie trägt auf seinen Schwingen, so leitete ihn der HERR …

1.Samuel 12,21 (2x) Und weicht nicht ab und folgt nicht den nichtigen (tohu) (Götzen) nach, die nichts nützen und nicht erretten können, weil sie nichtig (tohu) sind!

 Hiob 6,18 Zur Zeit, wenn sie (die trügerischen Bäche) wasserarm werden, versiegen sie … Es werden Karawanen abgelenkt von ihrem Weg, ziehen hinauf in die Öde (tohu: Leere) und kommen um.

 Hiob 12,24 Den Häuptern des Volkes im Land nimmt er den Mut, und in wegloser Einöde (tohu) lässt er sie umherirren.

 Hiob 26,7 Gott spannt den Norden aus über der Leere (tohu), hängt die Erde auf über dem Nichts.

 Psalm 107,40 Und sie wurden wenig und beugten sich unter der Last von Unglück und Jammer. Er schüttete Verachtung auf Edle, er ließ sie umherirren in wegloser Einöde (tohu).

 Jesaja 24,10 Darum hat der Fluch die Erde verzehrt, und es büßen, die auf ihr wohnen. Darum sind die Bewohner der Erde dahin geschwunden, und wenig Menschen bleiben übrig. … Zertrümmert ist die öde (tohu) Stadt, verschlossen jedes Haus, so dass niemand hineinkommt.

Jesaja 29,21 Und ausgerottet werden alle, die auf Unheil bedacht sind, die den Menschen in einer Rechtssache schuldig sprechen und dem Schlingen legen, der im Tor über Recht und Unrecht entscheidet, und mit nichtigen (tohu) (Beweisgründen) den Gerechten aus seinem Recht verdrängen.

Jesaja 34,11 Denn einen Tag der Rache hat der HERR, ein Jahr der Vergeltungen für die Rechtssache Zions. Und Edoms Bäche verwandeln sich in Pech und sein Boden in Schwefel; und sein Land wird zu brennendem Pech. Tag und Nacht erlischt es nicht, ewig steigt sein Rauch empor. Von Generation zu Generation liegt es in Trümmern, für immer und ewig zieht niemand hindurch. … Und er spannt darüber die Messschnur der Öde (tohu) und das Senkblei der Leere (bohu: geistigen Leere, keine Lebewesen mehr)und alle seine Obersten nehmen ein Ende.

Jesaja 40,17 Alle Nationen sind wie nichts vor ihm und gelten ihm als nichtig und leer (tohu).

 Jesaja 40,23 Gott ist es, der da thront über dem Kreis der Erde, dass ihre Bewohner wie Heuschrecken erscheinen …, der die Fürsten dem Nichts anheim gibt, die Richter der Erde der Nichtigkeit (tohu) gleichmacht.

Jesaja 41,29 Und ich sehe hin, doch da ist niemand, und unter diesen da ist kein Ratgeber, dass ich sie fragen könnte und sie mir Antwort geben. Siehe, sie alle sind Betrug. Nichtigkeit sind ihre Machwerke, Wind und Leere (tohu) ihre gegossenen Bilder.

Jesaja 44,9 Die Bildner von Götterbildern sind allesamt nichtig (tohu), und ihre Lieblinge nützen nichts.

Jesaja 45,18f Ihr werdet nicht zu Schanden und nicht zunichte werden in alle Ewigkeiten. Denn so spricht der HERR, der die Himmel geschaffen hat – er ist Gott, der die Erde gebildet und sie gemacht hat – er hat sie gegründet, nicht als eine Öde (tohu) hat er sie geschaffen, sondern zum Bewohnen hat er sie gebildet. Ich sprach zu den Nachkommen Jakobs nicht: Sucht mich vergeblich (in tohu: geistlicher Leere). Ich bin der HERR, der Gerechtigkeit redet, Wahrheit verkündet.

Jesaja 49,4 Ich aber sagte: Umsonst habe ich mich abgemüht, vergeblich und für nichts (tohu) meine Kraft verbraucht. Doch mein Recht ist bei dem HERRN und mein Lohn bei meinem Gott.

Jesaja 59,4 Niemand lädt vor in Gerechtigkeit, und niemand tritt vor Gericht in Wahrhaftigkeit. (Sondern bei euch gilt dies:) Auf Leeres (tohu: geistlich Leeres) vertrauen, Gehaltloses reden, mit Mühsal schwanger gehen, Unrecht zeugen.

Jeremia 4,23 Denn mein Volk ist närrisch, mich kennen sie nicht. Törichte Kinder sind sie und unverständig. Weise sind sie, Böses zu tun; aber Gutes zu tun verstehen sie nicht. Ich schaue die Erde, und siehe, sie ist tohu wa bohu, (materiell und geistig leer, d.h. ohne Lebewesen, wie nachfolgend beschrieben) – und zum Himmel, und sein Licht ist nicht da. Ich schaue die Berge, und siehe, sie beben; und alle Hügel schwanken. Ich schaue, und siehe, kein Mensch ist da; und alle Vögel des Himmels sind entflohen. … Öde soll das ganze Land werden; doch will ich nicht ein Ende mit ihm machen. Darum wird die Erde trauern, und der Himmel oben schwarz werden.

Siehe auch: Vorkommen und Definition im Nachschlagewerk „Blue Letter Bible“ (engl.) von „tohu (Strong’s H8414)“ und „bohu (Strong’s H922)“.

Ergebnis

  • Tohu wurde zwar fallweise mit Leere, Nichtigkeit, wüst, öde übersetzt, aber mit der gemeinsamen Bedeutung Leere bzw. lebensfeindliche Umgebung. 
  • Diese Bedeutung wird bildlich auch im geistlichen Sinn verwendet, um insbesondere die Unkenntnis des einen Gottes auszudrücken. Menschen, die Gott nicht kennen, leben in geistlicher Leere und Verwirrung, in einem Zustand des tohu. Auffallend oft ist auch symbolisch von physisch Lebensbedrohendem die Rede, wie lebensfeindlicher Wüste, Verirrungen in der Wildnis und Ausweglosigkeit.
  • bohu kommt in der Bibel nur dreimal und dann nur in der Kombination mit tohu vor, d.h. die Bedeutung von bohu kann nicht eigenständig aus der Bibel selbst ermittelt werden, sondern nur als Steigerung von tohu gesehen werden , im Sinn einer geistigen Leere (d.h. es sind nicht einmal Lebewesen da, die Gott erkennen könnten).
  • Die Übersetzung mit (materiellem) „Chaos“, Ver“wüst“ung oder „Zerstörung“ für tohu, wie von einigen Übersetzern insbesondere für 1. Mose 1,2 vorgeschlagen (teilweise um die Vorstellung einer Vorschöpfung mit anschließendem Gericht zu begründen), ist diskordant.
  • 1. Mose 1,2 spricht also mit dem Begriff „tohu wa bohu“ nicht nur von einer physischen Leere und schon gar nicht dem Ergebnis einer materiellen Zerstörung, sondern davon, dass die Erde noch ungeformt (wüst), also lebensfeindlich war und daher auch noch kein Lebewesen existierten konnte, das Gott kannte. „Tohu wa bohu“ ist also die Beschreibung eines Zustands, in dem Gott noch kein Gegenüber hatte. Diesen Zustand zu ändern, hat sich Gott aber zum Ziel gesetzt, indem er die Erde mit Menschen bevölkerte (Beendigung geistiger Leere, bohu) und sie so führen wird, dass sie auch geistlich nicht mehr leer sein werden (Jes. 45,18), sondern alles („ta panta“) mit Gottes Geist gefüllt sein wird (Kol. 1,20). 1. Mose 1,2 schildert also den wenig überraschenden Ausgangszustand der doppelten Leere, bevor Elohim die Schöpfung mit der Schaffung einer Leben ermöglichenden Umgebung für Pflanzen, Tiere und Menschen fortsetzte. Es wird also betont, dass zu Anfang Gott nichts in niemandem war (tohu wa bohu) und am Ende alles in allen sein wird (1. Kor. 15,28). Somit ist Anfang und Ziel des gesamten Wirken Gottes zusammengefasst. Sollte das nicht auch für uns ein Grund zu jubeln sein, wie es schon die Söhne Gottes taten (Hiob 38,7)?
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Was bedeutet Heiligkeit?

Der Begriff „Heiligkeit“ im Alltag

Wenn man hört: „Du trägst auch schon einen kleinen Heiligenschein!“ oder „Er meint wohl, dass er ein Heiliger ist.“ dann ist das vor allem spöttisch gemeint.

Was bedeutet „Heilig“ eigentlich in der deutschen Sprache? Es stammt von „heil“ ab, im Sinne von „ganz“ (Heilung, heil machen). Im Englischen (holy) ist es ähnlich. Dort stammt es vom Wort „whole“ ab (ganz).

Heilig deutet also in der deutschen Sprache auf Vollkommenheit hin.

Nach der Lehre der der katholischen Kirche kann man erst mit dem Tod vollkommen sein, da man sich erst dann mit Gott vereinigt. Von einer Person, die sich bemüht hat, diese Vereinigung schon auf Erden zu verwirklichen, sagt man, sie habe ein heiligmäßiges Leben geführt. Der Nachweis der heroischer Tugenden ist übliche Voraussetzung. Zunächst steht aber die Seligsprechung an, bevor die Heiligsprechung vollzogen werden kann. Heiligung ist also in der katholischen Kirche ein rein bürokratischer Akt.

Was sagt die Bibel dazu?

Etwas ganz anderes!

Die griechische Entsprechung für “Heilig” lautet “hagios”. Die Kernbedeutung ist „andersartig“. Mit Vollkommenheit hat der Begriff nichts zu tun. Die hebräische Entsprechung ist „quadasch“, was „abgesondert“ bedeutet.

Das zweite, dritte und vierte Buch Mose sind die Bücher, die mehr als andere genau darstellen, was Heiligkeit bedeutet, weil Gott über die Erlösung und Heiligung eines Volkes berichtet. Er lehrt seinem Volk und auch uns jetzt die Grundregeln der Heiligkeit.

Das erste Beispiel ist die Heiligung aller männlichen Erstgeburt von Mensch und von Tieren. »Heilige Mir die Erstgeburt«, heißt es, denn »sie ist Mein«, und »du sollst für Jehova absondern alles, was den Mutterleib auftut, und jeder Erstling, den du hast, der von einem Vieh kommt, die männlichen, sie sollen Jehova zu eigen sein« (2.Mose 13,2; 4.Mose 18,15; Lukas 2,23). Alles ist heilig, was Gott für Sich fordert, und Er fordert den Menschen und seinen Besitz, weil Er ihn erlöst hat. Israel wurde abgesondert »aus allen Völkern«, um »eine heilige Nation« zu sein. Und während der Zeit, wo es »nicht Mein Volk« ist, bildet ein Überrest die heilige Nation (2. Mose 19,5; 3.Mose 20,26; Hos.1,10ff; 1.Pet. 2,9-12; Ma. 21,43).

Der Erdboden rings um den brennenden Busch und um den Berg Sinai wurde durch die Gegenwart Gottes geheiligt (2. Mose 3,5; 19,23). Die Stiftshütte und all ihr Gerät war ein Heiligtum, mit den inneren Räumen, den »Heiligen der Heiligen«. Auch der Altar war ein Heiliges der Heiligen und alles, was mit ihm in Berührung kam (2. Mose 25,8; 29,37; 2.Mose 30,29; 3. Mose 6,18; Ma. 23,16-22). Diese Dinge besaßen keine sittlichen Eigenschaften; sie waren heilig, weil sie Gott geweiht waren.

In der Schrift bedeutet das Verb »heiligen« also, eine Person oder Sache Gott zu weihen, und die Folge eines solchen Aktes ist die Heiligkeit, ohne dass man dabei an irgendeine sittliche Eigenschaft zu denken hat.

Die Bibel beschreibt Gegenstände als »heilig«, die überhaupt keine sittlichen Eigenschaften haben können, ja sogar unmoralische und ungläubige Menschen sind Gott geheiligt worden. Heiligen bedeutet nicht, von Sünde zu reinigen, sondern jemanden oder etwas Gott darzubringen.

Heiligkeit ist also keine Eigenschaft sondern eine Beziehung zu Gott!

Durch falschen Gebrauch des Begriffs Heiligkeit in unserer Umwelt und Gewöhnung daran sträuben wir uns zu sagen, dass wir „Heilige“ sind. Wir wollen damit sagen, dass wir uns in aller Demut nicht anmaßen wollen, vollkommen zu sein. Wir sagen „Ich bin kein Heiliger“. Gott aber sagt das Gegenteil! Vor Gott ist jeder Gläubige ein »Heiliger«.

Allein im Römerbrief werden die Gläubigen acht mal so bezeichnet (Röm.1,7; 8,27; 12,13; Röm. 15,25 ff; Röm. 16,2; 16,15). Und zwar werden alle so benannt, ganz ohne Rücksicht auf den Grad ihres Glaubens oder ihrer Würdigkeit.

Heiligkeit bei einem Menschen ist eine Beziehung zu Gott und nicht eine moralische oder geistliche Errungenschaft. Ein heiliger Mensch ist ein für Gott abgesonderter. Und da in der Praxis alles, was Gott zu Seinem Gebrauch geweiht ist, sei es nun für rituelle Handlungen oder in gewöhnlicher Weise, dadurch von selbst vom Ungöttlichen gelöst und getrennt wird, so ergibt sich aus der Heiligkeit oft auch eine Scheidung von Sünde.

Darum hat das Wort im allgemeinen Sprachgebrauch den Sinn von Sündlosigkeit angenommen. Aber:

Ursache und Wirkung wurden dabei aber miteinander verwechselt.

Heiligkeit kommt bei Gegenständen zustande, ohne dass irgendeine Veränderung in dem geheiligten Objekt stattfindet.

Wenn aber wir Menschen, die durch Gottes Auswahl geheiligt wurden, sich Gott auch zu Seinem ausschließlichen Gebrauch darbringen, sich also Gott hingeben, sollte dies natürlich Folgen haben. Wenn das zunächst einseitige Handeln ein beidseitiges wird, dann erst wird Heiligung öffentlich und erkennbar.

Christus, unser Vorbild in der Heiligung

Das vollkommene Beispiel und Vorbild von Heiligkeit haben wir in Jesus Christus, der der Heilige Gottes ist (Mk 1,23-25). Der Vater heiligte Ihn und Er heiligte Sich zur Durchführung Seiner Aufgabe. In Seinem Fall hatte dies freilich nichts mit Reinigung von Sünde zu tun, denn er war ohne Sünde. Er wurde in der Gestalt Gottes von Seinem Vater geheiligt und in die Welt gesandt (Joh.10,36). Vor Seiner Geburt kündete schon Gabriel die Zeugung von etwas Heiligem an. Er unterschied Er Sich von allen anderen Menschen als Gottes Sohn durch einen Geist der Heiligkeit, einen Geist völliger und rückhaltloser Hingabe an Gott. Deshalb sagte Er: »Ich heilige Mich Selbst für sie, auf dass auch sie geheiligt seien in Wahrheit« (Joh.17,19). In Seiner täglichen Hingabe an Gott heiligte Er Sich Selbst, ohne sich dabei von Sünde zu reinigen, weil er das ja nicht nötig hatte. Seine Heiligung ist die Quelle unserer Heiligkeit.

Da Er der Heilige Gottes ist, können wir erwarten, in Ihm den zu finden, der in einem besonderen Verhältnis zu Gott als Sein Eigentum steht und nur dafür lebt, Seinen Willen zu tun. »Christus ist Gottes«, »das Haupt des Christus ist Gott« (1.Kor.3,23; 11,3) und »Meine Speise ist die, den Willen dessen zu tun, der Mich sendet und Sein Werk zu vollenden« (Joh.4,34). Nur ein Leben in Fleisch und Blut wurde ausschließlich für Gott gelebt, das von Jesus Christus. Er ist das eine vollkommene Beispiel ausgelebter Heiligkeit.

Der Satz »sich von der Sünde heiligen«, den man manchmal hören kann, kommt nicht in der Bibel vor. Wenn Heiligung vor allem Reinigung von Sünde bedeutete, wäre es unmöglich, leblose Gegenstände zu heiligen, oder zu verstehen, wieso unbekehrte Männer und Frauen durch gläubige Ehegatten und Kinder durch ihre Eltern geheiligt sein können (1. Kor. 7,14). Was bedeutet das? Dies sind direkte biblische Beispiele einer Heiligkeit ohne überhaupt gläubig zu sein. So weit wie es sich um die Ehe handelt, umfasst die Heiligung des einen Teils die des anderen, da Mann und Weib ein Fleisch sind. Der gläubige Teil soll den ungläubigen als etwas Gott Geheiligtes ansehen und behandeln, sonst wäre ja sein Leben zerrissen und von sich widersprechenden Verpflichtungen erfüllt. Eine solche Zerrissenheit aber wäre dem Wesen der Heiligkeit entgegen; denn was dem Herrn gehört, gehört Ihm ganz.

Heiligung ist nicht Reinigung von Sünde – diese folgt auf die Heiligung

Heiligkeit wird von den anderen Eigenschaften unterschieden, die Heilige besitzen. Jesus Christus ist »der Heilige und Gerechte« (Ap.3,14), »der Heilige und Wahrhaftige« (Off. 6,10); wir sollen »Heilige und Makellose« sein (Eph.1,4; 5,27); das Räucherwerk war »rein und heilig« (2.Mose 30,35). Also können Heilige außerdem noch gerecht und wahrhaftig, makellos und lauter sein. Diese Eigenschaften machen nicht die Heiligkeit aus, sondern sind meist ihre Begleiterscheinungen. Man kann heilige Stätten verunreinigen und sie bleiben trotzdem heilig. Während Gott sagt: »Ich werde unter ihnen entheiligt.«, bleibt Er der Heilige Israels. Das eigentliche Gegenteil von heilig ist profan, also weltlich und nicht etwa sündig (pro fanum = vor dem heiligen Ort). Alles ist profan, was nicht Gott geheiligt worden ist, Menschen, Orte oder Dinge. »Sie sollen Mein Volk den Unterschied lehren zwischen Heiligem und Unheiligem, zwischen dem Reinen und dem Unreinen« (Hes.22,26; 42,20; 44,23; 48,14; 3.Mose 10,10; 1.Sam.21,5).

Heiligkeit ist also nicht Reinheit, Gerechtigkeit oder Vollkommenheit. Was Gott auf Seinen Anspruch hin gegeben wird, ist heilig. Obwohl eine solche Hingabe an Gott im Idealfall zur Scheidung von Sünde führt, so sollte doch nicht die Ursache mit der Wirkung verwechselt werden. Heiligung hat immer zunehmende Reinheit, Makellosigkeit und Trennung von allem Unheiligem zur Folge.

Die Heiligkeit Gottes

Wenn man nun Heiligkeit definieren würde als „für Gott abgesondert“, was bedeutet es dann, wenn es heißt, dass Gott selbst heilig ist?

Dazu kann man hören, das bezeichnet »Seine, Sich Selber bestätigende Sündlosigkeit«; »der Inbegriff der göttlichen Vollkommenheit«; »Gottes Liebe zu Sich Selbst«; »das in Gott, was Sünde nicht ertragen kann« usw. Wenn wir fragen, was Seine Gerechtigkeit oder Seine Liebe bedeuten, gibt es weniger Meinungsverschiedenheiten. Diese sind in Gott und im Menschen nicht etwas völlig Verschiedenes. Und wenn Gottes Heiligkeit Seine Sündlosigkeit und Vollkommenheit, Seine Selbstliebe oder Seinen Sündenhass bedeutete, so müsste dies auch im Menschen so sein.

Aber das ist, wie wir sahen, nicht der Fall. Wenn Gott sagt: »Ihr sollt heilig sein, denn Ich bin heilig«, so meint Er, dass Heiligkeit in uns etwas Gleichartigem in Ihm entsprechen soll. Wenn Er gemeint hätte: »Ihr sollt vollkommen sündlos und makellos sein, weil Ich es bin«, dann dürfte Er niemanden in diesem Leben einen Heiligen nennen.

Schauen wir zur Klärung nochmal auf sein Volk, Israel:

Gott hat Israel durch Anschauungsunterricht und bedeutungsvolles Ritual erzogen. Bevor Er zu dem Volk sprach: »Ich bin heilig«, lehrte Er sie die Bedeutung dieser Tatsache. Er führte ihnen viele Dinge vor Augen, nannte diese »heilig« und erklärte, dies sei so, weil sie Ihm gehörten. Wenn deshalb eine Person, ein Gegenstand oder ein Tag »heilig« hießen, so wusste Israel, dass Gott dieses alles als Sein Eigentum ansah. Ja, es wusste auch, dass es selbst zu einem heiligen Volk bestimmt war, das Gott Sich aus allen anderen Völkern erwählt hatte. Es wusste, dass es Gottes Besitzanspruch war, der die Erstgeburt, die geweihten Stätten und den Sabbat heiligte. Die Stiftshütte, der Priesterstamm und die Opfer gehörten Gott, weil Er sie für Sich geheiligt hatte. Was bedeutete es nun aber, wenn Gott sprach: »Ich bin heilig«? Mussten die Israeliten nicht annehmen, Gott sei heilig, weil Er der Gott des Volkes war, ebenso wie sie selbst? Wenn Heiligkeit mehr eine Beziehung als eine Eigenschaft ausdrückt, mag da nicht die Heiligkeit Gottes Seine Beziehung zu Seinen Geschöpfen sein?

Die erste Ankündigung der Heiligkeit Gottes haben wir in 3.Mose 11,44. Sie ist sehr erleuchtend. »Denn Ich bin Jehova, euer Gott, heiligt euch deshalb und seid heilig; denn Ich bin heilig.«

Drei Punkte finden wir hier, so wie an allen anderen Stellen, an denen Gott sagt, Er sei heilig. Zuerst nennt Er Sich »Jehova«, dann »euren Gott« und dann wird Seine Heiligkeit als die Ursache genannt, weshalb Israel heilig sein soll. Man beachte das »deshalb« und das »denn«, hier wie anderswo, und wie das »Ich bin Jehova, euer Gott«, dem Wort »denn Ich bin heilig« entspricht, ebenso wie das Gebot »heiligt euch« dem »seid heilig«. Gott ist der Heilige Israels, weil Er Israels Gott ist. Weiterhin ist Er Jehova, der Name, der von Seinem besonderen Verhältnis zu Seinem erwählten Volk zeugt. Israel spricht von »meinem Gott« oder »unserem Gott«, aber nie von »meinem Jehova«. Denn der Name an sich redet schon von der Bundes-Beziehung. Als Gott Israel erlöste und für Sich heiligte, machte Er ihm Seinen Namen Jehova bekannt. Er sprach: »Ich erschien dem Abraham und dem Isaak und dem Jakob als El Shaddai, aber bei Meinem Namen Jehova haben sie Mich nicht gekannt.« Sie gebrauchten wohl den Namen, aber Gott hatte noch nicht jene Erlösung des Volkes bewirkt, durch die Er die Bedeutung desselben offenbarte. »Ich werde euch erlösen … und Ich werde euch Mir zu einem Volke nehmen und Ich werde euch zu einem Gott sein; und ihr werdet erkennen, dass Ich Jehova bin, euer Gott« (2.Mose 6,2). »Ich bin Jehova, euer Gott, der euch herauf geführt hat aus dem Lande Ägypten, um euer Gott zu sein; ihr sollt deshalb heilig sein, denn Ich bin heilig« (3.Mose 11,45). Man beachte wieder, wie des Volkes Heiligkeit der Heiligkeit Gottes entsprechen soll und wie Zweck und Ziel der Erlösung darin besteht, dass Er ihr Gott wird. Ist es nicht auffallend, dass jede einzige Erwähnung der Heiligkeit Gottes mit der Versicherung verknüpft ist, Er sei Jehova, ihr Gott? (3.Mose 19,2; 20,24; 21,6; 22,32). Jehova war der Heilige Israels, aber nicht der Heilige eines anderen Volkes.

Gott war also der Heilige nur seines Volkes

Gott nannte Sich den Gott Israels in einem Sinn, in welchem Er nie der Gott eines anderen Volkes werden konnte oder werden wird. Wenn Er für Israel stritt, lernten seine Feinde an der Kraft der kleinen schwachen Heerhäuflein, was es heißt, die Heerscharen Jehovas gegen sich zu haben. Pharao sprach: »Ich kenne Jehova nicht« (2.Mose 5,2), und er konnte Ihn auch nur als seinen Feind kennenlernen. Als Israel seine Berufung und die Niederlage Pharaos feierte, sang es das Lob Jehovas, der so herrlich triumphiert hatte. Da hieß es: »Wer ist Dir gleich, o Jehova, unter den Göttern? Wer ist wie Du, herrlich in Heiligkeit ?« (2.Mose 15,11). Der ganze Gesang erhebt den Herrn als Israels Gott und als einen »Kriegsmann«, der Wunder für Sein Volk tut. Aber noch mehr als das. Indem sich Gottes Heiligkeit kundtut, wird Er unter den Nationen verherrlicht. »Die Völker hören es und zittern« (Ps.99,1).

Von dieser ersten nationalen Errettung des Volkes wenden wir uns zu der letzten, wenn Jehova Israel von der Macht Gogs befreien und es heißen wird: »Ich erweise Mich groß und heilig und tue Mich kund vor den Augen vieler Völker, und sie werden erkennen, dass Ich Jehova bin« (Hes.38,23; 39,21). Dann wird der ganze Erdkreis sehen, dass Gott ein heiliger Gott ist.

Nur zu oft und furchtbar hat Israel Jehova und Seinen Namen entheiligt. Kein anderes Volk konnte in gleicher Weise schuldig werden.

Die Ehe ist ein weiteres Symbol und Abbild der Heiligkeit. Wie sich zwei Ehegatten füreinander heiligen oder absondern, hatte Gott es mit Israel getan. Untreue innerhalb des ehelichen Bundes ist Unheiligkeit. Jede Untreue des Volkes gegen Jehova, jede Hinkehr zu anderen Göttern war eine Schuld, wie sie kein anderes Volk in diesem Sinn auf sich laden konnte und wie sie in keinem anderen Volk geahndet und gerächt worden ist. Weil Gott der Heilige Israels ist, wurde auch durch Israel vor allen anderen Völkern Sein Name entheiligt. Nur Israel konnte Gott zur Eifersucht reizen. Nur diesem Volk galt Sein Wort: »Ich Jehova, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott« (2.Mose 20,1-5; Jos.24,19). Nur wo ein Liebesbund besteht, ist Eifersucht berechtigt.

Gott hatte Israel aus allen Völkern erwählt, nicht um seiner selbst willen, sondern um der anderen willen. »In deinem Samen sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden« (1.Mose 22,18; Ap.3,25). Israels Berufung und Bestimmung war die zu einer doppelten Rolle, wie sie sonst niemandem mehr bestimmt sein kann. Dieses Volk sollte nicht nur der Erzeuger, sondern auch der Mörder des Messias werden. Der Segen für die ganze Welt kommt durch den Tod des Sohnes Gottes. Das Volk, das Ihm am nächsten stand, musste das furchtbarste Verbrechen an Ihm verüben; die, mit denen Er Sich am innigsten verbunden hatte, Ihn am tiefsten kränken. Die zum Segen Berufenen mussten zum Fluch werden. Nur dieses eine Volk wird auf der ganzen Welt verachtet; dieses Volk, zu dessen Stammvater Gott doch die Worte sprach: »Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein« (1.Mose 12,2). Gott malt hier vor einen schwarzen Hintergrund mit dem hellen Licht Seiner Heiligkeit. Denen, die die schändlichste Tat an Ihm tun, hält Er die Treue, die, welche am tiefsten fallen, wird Er so aufrichten, dass alle Welt es sehen wird. Gott ist es, der dies tut, »nicht um euretwillen, ihr vom Hause Israel, sondern um Meinetwillen« (Hes.36,22). Wir Menschen meinen nur zu leicht, Gott müsste den Segen durch das denkbar edelste, reinste und treueste Volk vermitteln. Aber Gottes Weise ist es, den Segen nicht an Verdienst zu verknüpfen, damit Ihm allein die Ehre bleibt und niemand mehr auf Menschen schaue.

Jesus lehrte Seine Jünger das Gebet: »Geheiligt werde Dein Name. Dein Königreich komme« (Mt.6,9; Lk.11,2). Beides betraf Israel, und beides ist unzertrennlich. Nur als Gottes Volk kann Israel heilig sein. Gott ist heilig. Was Er verheißen hat, wird Er erfüllen, den gebrochenen Bund wird Er nach Gericht und Fluch wieder erneuern. Dann wird alles Fleisch Seine Heiligkeit mit Augen sehen und Ihm die Ehre geben.

„Geheiligt werde Dein Name“ betont die Andersartigkeit Gottes. Gott muss geheiligt werden, weil er so sehr über den Jüngern steht. Heiligung hat auch immer mit Distanz zu tun. Von Gott zu uns Menschen, von Israel zum Rest der Welt.

Gott ist also heilig, weil er so anders ist als die Menschen. Deswegen muss Sein Volk anders sein als die anderen Völker. Andernfalls würde seine eigene Heiligkeit in Frage gestellt werden können. Die Heiligkeit bedingt sich also.

Die Heiligung Gottes im Neuen Testament

Christus heißt »der Heilige Gottes«, weil alles, was Er ist und tut für Gott geschieht. Gott ist Sein »heiliger Vater«, um der besonderen Beziehung willen, die zwischen beiden besteht. Er ist der Gott und Vater unseres Herrn Jesu Christi, und Gott erwies Sich als Sein Vater, indem Er Ihn »in Kraft als Sohn Gottes bezeichnete, dem Geiste der Heiligkeit nach, durch Auferstehung Toter« (Röm.1,4), durch dessen Auferstehung der Vater wiederum offenbarte, dass Er herrlich in Heiligkeit sei. Wenn Christus zu Seinem heiligen Vater betete, so war dies um die Bewahrung eines Volkes, das Gott Seinem Sohn gab, und das der Sohn bewahrt hatte, solange Er in der Welt war, Sich Selber heiligend, »auf dass auch sie geheiligt seien« (Joh.17,11).

Noch an drei anderen Stellen wird im Neuen Testament die Heiligkeit Gottes erwähnt: Heb. 12,10, 1.Petrus 1,15, wo der Apostel aus dem dritten Buch Mose zitiert (3.Mose 19,2), und Offenbarung 4,8, wo die Ausdrucksweise des Jesaia (Jes.6,3) angeführt und angenommen wird. »Heilig, heilig, heilig«, bedeutet an beiden Stellen: »Ich, Jehova, verändere Mich nicht, deshalb werdet ihr Söhne Jakobs auch nicht verzehrt werden.« Trotz Israels Unheiligkeit bleibt Gott natürlich heilig, und Er wird den ganzen Erdball mit der Herrlichkeit Seiner Heiligkeit erfüllen, indem Er Seine Bundesversprechen hält, für die Sein Name Jehova bürgt. Jehova ist Israels kommender und Israels heiliger Gott (Off.6,10).

Die Heiligung Gottes bei Paulus

Es ist eine bemerkenswerte Tatsache, dass der Apostel Paulus, der Apostel der Nationen wohl viel von der Heiligkeit der Gläubigen redet, aber nicht einmal Gott als heilig oder als Jehova bezeichnet. Der Körper Christi ist die herausgerufene Gemeinde Gottes, weil Gott sie geheiligt hat, aber die Beziehung Gottes zu Seiner Gemeine wird weder »Heiligkeit« genannt, noch durch den Namen »Jehova« charakterisiert. Obgleich Er eine Gemeinde hat, ist Er doch ausschließlich der Heilige Israels und hat Sich als Jehova nur diesem Volk verpflichtet. Die Frage ist nun, was Er denn für den Körper Christi ist. Die Antwort lautet: Mit allen, die in Christus sind, ist Er in derselben Weise verbunden, wie mit Seinem Sohn, unserem Haupt, nämlich als Gott und als Vater. Diese Namen drücken die ganze Hingabe und innige Vereinigung aus, die Seine Heiligkeit für Israel bedeutete und noch viel mehr. »Der Heilige Israels« und »Jehova« sind exklusive Titel, die von einer Beziehung reden, die nie allgemein werden kann. Wenn Gott einst von allen erkannt wird, dann wird Er es als der Vater sein. Wenn Jesus vom ganzen Weltall als Herr gehuldigt wird, wird dies zur Ehre Gottes des Vaters sein, und bei der Vollendung wird der Sohn das Reich Gott übergeben, als dem Vater (Phil.2,11; 1.Kor.15,24).

Es war nicht Gott als der Heilige Israels, der die Welt mit Sich versöhnte; denn diese Versöhnung ist unvereinbar mit Israels Vorrechten. So konnte sie auch erst nach Israels Verwerfung verkündigt werden. Wenn Gott Sich aufs Neue Israel zuwenden wird und Seine Heiligkeit hell erstrahlen lässt, dann ist auch der heutige Haushalt der Gnade und Versöhnung abgelaufen und die Gerichte brechen über die Welt herein. Dann werden alle Israel gegebenen Verheißungen erfüllt. Dann wird auch Israel Gott als Vater erkennen. Jesus Christus lehrte Seine Jünger, dass sie Gottes Kinder seien und Er ihr Vater, aber nie finden wir in ihren Reden oder Briefen den Ausdruck »Gott unser Vater«. Paulus allein redet so, und zwar in allen seinen dreizehn Briefen, mit der Ausnahme des Galaterbriefs. Auch Paulus allein behauptet, dass die in Christus Jesus jetzt schon Söhne seien. Die Vorbedingung der Sohnesstellung ist Befreiung vom Gesetz (Gal.4,6). Nicht alle, die Gottes Kinder sind, werden schon Söhne genannt. Aber jeder Sohn ist auch ein Kind.

Es ist ebenfalls höchst bemerkenswert, dass in den Briefen von Paulus die öffentliche und offizielle Heiligkeit, die sich vor allem in den geweihten Stätten und dem Priestertum verkörperte, fast unbekannt ist. Heute wird Gott nicht öffentlich und offiziell geheiligt, wie es durch das von Ihm Selber bestimmte und vorgeschriebene Gebäude und Amt in Israel geschah und wie es im Millennium (1000-jährigen Reich) wieder geschehen wird.

Heute hat Er Seine Wohnung in den Herzen der Gläubigen aufgeschlagen, und die Heiligung geschieht durch Seinen Geist, nicht durch die äußerliche Priesterweihe. So finden wir auch bei Paulus in erster Linie den Gedanken der Folgen der Heiligkeit, die sich daraus ergibt, dass Christus in uns wohnt, der der einzige vollkommene Geheiligte ist. 

Unsere Heiligkeit: Hingabe an Gott

Heiliges ist also vor allem andersartig, vom Status des Allgemeinen ist Heiliges in den Status des Besonderen gestellt worden, nämlich auf die Seite Gottes. Handelnd war hier Gott, griechisch theos, der Platzierer.

Gott hat nicht zu Israel eine liebevolle Vater-Sohn Beziehung, sondern zur Ekklesia, zu uns! Deshalb betont Paulus nicht, dass Er für uns heilig ist. Gott hat zu uns nicht mehr diese Distanz, denn er ist unser Vater!

Heilig zu sein, heißt nicht in erster Linie vollkommen zu sein, sondern sich abzusondern von der Welt.

Heiligung macht uns zu Gottes Eigentum und Ihn zum einzigen Gegenstand unserer Treue und Hingabe, tatsächlich überliefert sie uns voll und ganz in Seine Hand. Sie ist nicht nur ein Gehorsam gegen ein Verbot: »Du sollst nicht«, auch kein bloßes Aufhören vom Sündigen. Überwundene Sünde, ja sogar ausgerottete Sünde, wie es sie zukünftig geben wird, sind an sich noch nicht Heiligung. Gott fordert jetzt von uns unsere völlige Hingabe an Ihn, obwohl noch Sünde in uns ist; denn wir können Ihm ganz geheiligt sein, obwohl wir noch sündigen.

Ein geheiligter Verstand ist offen für göttliche Dinge und kein verworrener Wahrheitssucher; denn er beschäftigt sich mit dem, der Selbst die Wahrheit ist. Und wer die Wahrheit liebt, der wird vor vielen Verirrungen bewahrt.

Wenn Gott diese unsere wunderbare Gabe der Vorstellungskraft beherrscht, werden keine abschreckenden bösen Bilder die Wände unserer Gedankenwelt verunstalten.

Die Mahnung, uns selber Gott zu geben, fordert ein großes Glaubenswagnis, ein Wagnis, das kein Zweifler unternimmt, welches aber, wenn einmal gewagt, Gott unsere eine große Wirklichkeit werden lässt. Wir tauschen unser Alles für Sein Alles ein. Wir übergeben uns Ihm in größtem Vertrauen, erwarten alles Gute von Ihm, wissen, dass nur das gut ist, was Er gibt, und das schädlich, was Er verwehrt. Eine solche Hingabe bezeugt nicht nur einen echten Glauben, sie bestätigt auch den Glauben, der es wagte, die Gerechtigkeit Gottes und die anderen, noch nicht erlebten Tatsachen der Offenbarung Gottes anzunehmen. Sie bringt ihn zur höchsten Entfaltung und erwirbt sich die Bestätigung der Erfahrung. Denn indem diese Hingabe uns völlig in Gottes Hände legt, setzt sie Gott an die Stelle, wo bisher die Sünde saß, in unsere Fähigkeiten, die Er nun beherrscht, und in unsere Arbeit. Sie verleiht die unerschütterliche Gewissheit, sicher in Seiner Obhut zu sein und für Seine Zwecke gebraucht zu werden, wenn Er uns ohne Vorbehalt besitzen darf.

Heiligkeit hat nur einen Zweck und ein Ziel, sonst ist sie überhaupt keine Heiligkeit: Gott ist ihr einziger und alleiniger Gegenstand; deshalb schließt sie alles Selbstsüchtige in uns aus. Durch nichts wird Hingabe an Gott so sehr gehemmt wie durch das Eindringen der Eigenliebe.

Christus schlug kein Kapital aus Seiner Heiligkeit. Nein, es war Seine Heiligkeit, die Ihn zur völligen Selbsthingabe und ans Kreuz führte. Ein wahrer Heiliger ist Gott so völlig hingegeben und so auf Seine Ehre bedacht, dass ihm auch nicht das Geringste daran liegt, unter Seinen Mitbrüdern als heilig zu gelten. Demut ist der herausragende Zug der Heiligkeit, aber jedes Selbstbewusstsein auf diesem Gebiet drängt Gott in den Hintergrund. Heiligkeit ist keine Tugend für sich, die man entwickeln kann, weil sie nur als Darbringung an Gott existiert. Sie ist eine persönliche Beziehung zu Ihm und nicht eine sittliche oder geistliche Errungenschaft. Hingabe an eine Sache, eine Bewegung, ein Werk oder eine Gemeinschaft ist nicht Heiligkeit. Im Gegenteil, wenn solche Dinge die Stelle Gottes einnehmen, ist jede Heiligkeit unmöglich.

Hingabe an Gott ist das Geheimnis der Heiligung

Es ist schön und gut, »vor allem auf die Makellosigkeit des eigenen Charakters bedacht zu sein«. Aber eine ganze Welt trennt zwischen diesem Bestreben und Heiligkeit, die vor allem auf Gottes Herrlichkeit bedacht ist. Die Moral und Ethik der zivilisierten Menschheit machen Anständigkeit in Leben und Wandel sowohl wichtig als auch empfehlenswert. Aber man kann viel Moral haben und dabei Gott kaum kennen. Heiligkeit jedoch hat es mit Gott zu tun und ist dem Geist unserer gottlosen Zeit entgegen. Sie macht uns »exzentrisch«, weil sie das Zentrum unseres Lebens verlegt, aus uns selbst heraus, hinein in Gott. Wer unseren Blicken folgt, sollte zu Gott aufschauen.

Heiligkeit des Lebens zeugt also von dem unsichtbaren Gott.

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